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Archiv-Artikel

Mit Magerkost zum guten Ergebnis

Borussia Mönchengladbach gewinnt gegen den VfL Wolfsburg mit 1:0, kann aber fußballerisch erneut nicht überzeugen. Trainer Dick Advocaat outet sich dabei überraschend als Verfechter einer pragmatischen Spielweise

MÖNCHENGLADBACH taz ■ Eigentlich hatten die Mönchengladbacher etwas anderes erwartet, als Dick Advocaat bei der Borussia als Trainer eingestellt wurde. Der Holländer, vertraut mit der großen internationalen Fußballwelt und bewundert für die Spielstärke des niederländischen Fußballs, sollte den nagelneuen Borussia-Park mit entsprechender Spielweise füllen. Realität wurde diese Hoffnung bislang noch nicht einmal im Ansatz. Der zähe 1:0-Sieg gegen den VfL Wolfsburg reihte sich nahtlos ein in die immer länger werdende Serie Mönchengladbacher Magerkost. Bestenfalls körperlich geprägten Ergebnisfußball bietet diese Mannschaft – statt holländisch-strategischem Rasenschach lässt der Trainer deutschen Fußball klassischer Prägung spielen. „Ein 1:0-Sieg ist ein gutes Ergebnis“, erklärte Advocaat nach dem tristen Spiel gegen Wolfsburg, dann schaute er ganz besonders ausdruckslos und empfahl: „Wenn Sie guten Fußball sehen wollen, dann gehen Sie zu unseren Amateuren.“ Der Mann ist nüchtern wie ein Polizeibericht.

Immerhin: Den Klassenerhalt scheint die vehement verstärkte Borussia relativ ungefährdet zu schaffen. Und das ist schließlich die Voraussetzung für die glorreiche Zukunft, die irgendwann einmal beginnen soll. „So schnell geht das aber einfach nicht“, versuchte Bernd Thijs das mangelhafte Mannschaftsspiel des Teams zu erklären. Der Klub ist in seiner ersten Saison im neuen Stadion weit davon entfernt, den Status eines unterhaltsamen Fußballunternehmens zu erreichen.

Und das hat durchaus auch Vorteile. Statt angesichts des Trauerspiels auf dem Rasen zu pfeifen oder einfach nach Hause zu gehen, wie es etwa das Schalker Eventpublikum oftmals machte, feierten die Gladbacher Zuschauer sich während der gesamten zweiten Halbzeit mit ausdauernden Gesängen selber. Es machte sich eine in der Bundesliga recht selten gewordene melancholischer Zuneigung breit – dieser seltsame Stolz, den eigenen Klub gerade dann besonders zu lieben, wenn die Mannschaft das Publikum mit dem finstersten Fußball quält.

Vielleicht war der sehenswerte Siegtreffer kurz vor Schluss Lohn für diese selbstlose Hingabe. Der eingewechselte Vaclav Sverkos vollendete eine komplizierte Vorlage von Oliver Neuville mit einem wunderbaren Rückzieher (85.). Er ist derzeit der treffsicherste Stürmer der Borussia und gehört trotzdem sehr selten zur ersten Elf. Der Sturm ist überhaupt der Mannschaftsteil, der eindeutig am stärksten besetzt ist: Oliver Neuville ist gesetzt und spielt meist stark, obwohl er mittlerweile seit 1.023 Minuten kein Tor geschossen hat, und der belgische Neuzugang Wesley Sonck hat wenigstens einen bekannten Namen. Wenn Giovane Elber gesund ist, wird Sverkos es noch schwerer haben, einen Stammplatz zu erobern. „Deshalb war dieses Tor nicht nur für die Mannschaft sehr wichtig“, meinte der Tscheche, dessen Treffer den Gladbachern nun vorerst einen Platz im grauen Mittelfeld der Tabelle gesichert hat.

Wie das alles in der kommenden Saison besser werden soll, bleibt indes vorerst unklar. Die Mannschaft wirkt immer noch so, als fehle ihr die spielerische Qualität, aber Advocaat hofft, „dass nun mit der Tabellensituation etwas mehr Sicherheit“ entwickelt wird. Es folgen zwei Auswärtsspiele in Kaiserslautern und in Hannover, und vor diesen Aufgaben war es besonders wichtig, etwas Entspannung im Abstiegskampf zu erarbeiten. Grund zur Hoffnung auf guten Fußball gibt es also weiterhin nur wenig in Mönchengladbach, aber sie haben ja die Amateure bei der Borussia, und die spielen tatsächlich um die Meisterschaft – in der Oberliga Nordrhein.

DANIEL THEWELEIT