: Freiraum nur im eigenen Garten
Mehr als 1.200 Menschen protestieren in der City gegen den Umbau des Schanzenwasserturms in ein Hotel. Demonstranten geißeln „staatliche Vertreibungspolitik“ und Gängelungen durch neues Polizeigesetz. Anschläge auf Investor und Bezirksamt
Von Kai von Appen
In Hamburg prägte mal wieder kostpieliges Grün das Stadtbild: 2.000 PolizistInnen mit einer Armada an Wasserwerfern und Panzerwagen aus der Hansestadt, Berlin, Bremen, Mecklenburg-Vorpommerm, Niedersachsen und Schleswig-Holstein verwandelten Samstag Teile der Innenstadt sowie das Schanzenviertel und das Harburg-Center (siehe Text unten) in polizeiliche Ausnahmegebiete. Unter der Losung „Hotelpläne zerschlagen – Freiräume durchsetzen“ zogen nachmittags mehr als 1.200 Menschen gegen den Umbau des Wasserturms im Sternschanzenpark in ein Mövenpick-Hotel aus der City ins Schanzenviertel.
Der Protestzug verlief trotz angespannter Atmosphäre weitgehend ohne Zwischenfälle. Lediglich als einige TeilnehmerInnen von der offiziellen Marschroute einen Abstecher ins Karolinenviertel unternehmen wollten, kam es zu einem kurzen Schlagstock-Scharmützel.
Im Vorfeld hatte es indes eine Serie von militanten Anschlägen gegen die Hotelpläne gegeben. So wurden Scheiben des Hauses von Patrizia-Aufsichtsratschef Harald Boberg in Groß-Flottbek eingeworfen und die Fassade mit Farbe verschmiert – Patrizia ist der Wasserturm-Investor. Zudem wurde ein Farbanschlag auf das für die Baugenehmigung zuständige Bezirksamt-Eimsbüttel verübt sowie ein Caddy-Carport des Golf-Hotels Treudelberg in Lemsahl in Brand gesteckt.
Die neue Intensität des Widerstands ist damit zu erklären, dass trotz der Pleite des Generalunternehmens „Walter Bau“ die Bauarbeiten im Wasserturm wieder aufgenommen worden sind. Federführend ist zurzeit die hessische Adolf Lupp GmbH & Co KG, die bereits das Gebäude für das Eisenbahnbundesamt am Schanzenbahnhof errichtet hat. Damals ist vermehrt der Einsatz von Billigarbeitern aus Osteuropa beobachtet worden.
Die Hotelgegner sehen einen engen Zusammenhang zwischen dem Wasserturmumbau, der „Privatisierung des Parks“ und der Einschränkung weiterer Grundrechte im „öffentlichen Raum“ durch das neue Polizeigesetz des CDU-Senats, das „verdachtsunabhängige Kontrollen“ und „Videoüberwachung“ zulassen soll. „Es ist kein Zufall, dass der Schanzenbahnhof als Modellstandort zur Videoüberwachung öffentlichen Raums auserkoren worden ist“, meinen die Aktivisten vom Netzwerk zum Erhalt des Schanzenparks.
Schon lange vor Beginn des Umbaus seien polizeiliche Repressionen zu spüren gewesen. DrogenkonsumentInnen und Obdachlose seien vertrieben, der Kiosk am Schanzenpark polizeilich geschlossen und die Tischtennisplatten, ein beliebter Treff für Jugendliche, abgebaut worden. Seit vergangenem Sommer rücke die Feuerwehr bei Grillabenden im Park zu Löscheinsätzen aus. „Der kostenlose Aufenthalt im Freien scheint Balkon- und Gartenbesitzern vorbehalten“, kritisiert Peter Hass vom Ini-Netzwerk. Der Kampf um den „Erhalt des Parks“, sagt er, sei „kein isoliertes Projekt“, sondern der Versuch, „Freiräume im Viertel zu erhalten“ und der „staatlichen Vertreibungspolitik zu begegnen“.