piwik no script img

Archiv-Artikel

Gewinn geht vor Gleichstellung

Führende SPD-Politiker sehen im Antidiskriminierungsgesetz mehr eine Belastung für Unternehmen denn eine Maßnahme zur gesellschaftlichen Klimaverbesserung

BERLIN dpa ■ SPD-Spitzenpolitiker haben starke Vorbehalte gegen das geplante Antidiskriminierungsgesetz. Nach den Bundesministern Otto Schily und Wolfgang Clement lehnte auch NRW-Regierungschef Peer Steinbrück den Entwurf als „zusätzliche Belastung für die Wirtschaft“ ab. CDU-Chefin Angela Merkel sprach von einem „Jobkiller“. Grünen-Chef Reinhard Bütikofer will dagegen am Gesetz ebenso festhalten wie SPD-Parteichef Franz Müntefering. „Im Einzelnen mag es noch etwas zu verbessern geben, aber insgesamt ist das eine vernünftige Regelung.“ Nach einer Expertenanhörung heute im Bundestag will Rot-Grün eventuell nachbessern.

Mit dem Gesetz sollen Benachteiligungen wegen Rasse, ethnischer Herkunft, Geschlecht, Religion und Weltanschauung, Behinderung, Alter und sexueller Identität in Arbeits- und Privatrecht grundsätzlich verboten werden. Schily und Clement hatten im Kabinett Bedenken angemeldet. Steinbrück sagte, im Bundesrat werde sein Land dem Gesetz in der jetzigen Form nicht zustimmen. „Es erschwert die Konkurrenzfähigkeit unserer Unternehmen“.

Indes hat die IG Metall gewarnt, den Entwurf wegen massiver Kritik von Industrie- und Arbeitgeberverbänden zu verwässern. „Das Gesetz soll ein Klima der gegenseitigen Toleranz schaffen und fördern. Von einem solchen Klima sind wir noch Meilen weit weg“, sagte IGM-Vorstandsmitglied Kirstel Rölke gestern. „Wer Behinderte, Ausländer oder Frauen nicht benachteiligt, hat auch keine Prozessflut zu befürchten.“ Das neue Gesetz werde auch keine Explosion der Entschädigungen mit sich bringen: Die deutschen Gerichte hätten „keine US-Maßstäbe“, so Rölke.