: Wie das Blut vom Erz gewaschen wird
WELTHANDEL Mineralien aus dem Ostkongo werden auf dem Weltmarkt künftig immer wichtiger. Sie stehen aber in dem Ruf, den blutigen Bürgerkrieg der Region zu finanzieren
■ Was ist das? Coltan ist eine Kongolesische Wortschöpfung für eine Mischung aus Niob- und Tantalerzen, wie sie in Ostkongos Zinnlagerstätten gefunden wird.
■ Wofür wird es gebraucht? Tantaloxid dient zum Beispiel zur Herstellung von Nachtsichtgeräten und Tintenstrahldruckern, Tantalpulver zur Herstellung von Kondensatoren für integrierte Schaltkreise (Medizintechnik, Handys), Tantalmetall für korrosions- und hitzebeständige Anlagen.
■ Hauptverarbeiter: H. C. Starck (Deutschland), Treibacher (Österreich), Cabot (USA), Mitsui (Japan), Ulba (Kasachstan).
VON SIMONE SCHLINDWEIN (BUKAVU) UND DOMINIC JOHNSON
Das Propellerflugzeug setzt auf, Justin Mulimbi aktiviert sein Touchscreen-Telefon. Der Kongolese im grauen Anzug mit silbernen Manschetten steht neben der Landebahn des Flughafens von Bukavu in der ostkongolesischen Provinz Südkivu. „Die Ladung ist angekommen. Kaufst du sie mir ab?“, schreit er in sein Telefon und versucht, das Dröhnen der Propeller zu übertönen. Ein Lächeln huscht über sein Gesicht. Es ist nicht so einfach in diesen Tagen, für Rohstoffe aus dem Kongo Käufer zu finden. Die sogenannten schwarzen Mineralien, Coltan und Kassiterit, die für Elektroindustrie und Weißblech gebraucht werden, sind weltweit in Verruf geraten.
Mulimbis Lieferung von 2.000 Kilogramm Kassiterit stammt tief aus dem Inneren des ostkongolesischen Dschungels, aus den Minen im Nationalpark Kahuzi-Biega. Der Park ist ein Weltkulturerbe. Doch die Regeln des Gesetzes gelten nicht im Kongo. Die ruandischen Hutu-Milizen der FDLR (Demokratische Kräfte zur Befreiung Ruandas), Kongos brutalste bewaffnete Gruppe, kontrollieren die Minen im Park und insgesamt viele Abbaustätten in den beiden Kivuprovinzen. Mit den Erlösen, so wird vermutet, kaufen die Milizen Waffen und finanzieren ihr Überleben.
Ähnlich wie einst Diamanten aus Sierra Leone sind Coltan und Kassiterit aus dem Kongo nun als „Blutmineralien“ verschrieen. Internationale NGOs fordern: Elektronikfirmen sollen garantieren, dass ihre Mobiltelefone „kongokonfliktfrei“ sind. Dazu müssen jedoch die Handelsketten transparenter werden – ein schwieriges Unterfangen.
Kräftige Männer hieven an der Flugpiste von Bukavu die weißen Säcke auf die Ladefläche eines Lkws. Zweimal pro Monat schickt Mulimbi die Propellermaschine nach Lulingu, eine Kleinstadt am Rande des Parks, um die Ware abzuholen. Kauft er von den Rebellen? Mulimbi zuckt mit den Schultern: „Mal sind es die Banditen, mal die Soldaten. Das ändert sich von Jahr zu Jahr“, sagt er. Seit zehn Jahren ist Mulimbi im Geschäft. Er hat drei Kriege durchgemacht, der Warenfluss ist noch nie versiegt.
Bislang hat Mulimbi immer Abnehmer gefunden. Coltan aus dem Kongo ist billig und konkurrenzfähig. Die Branche erwartet einen neuen Kongo-Boom: Die größte Tantalmine der Welt, Wodgina in Australien, wo 30 Prozent der Weltproduktion herkamen, wurde Ende 2008 geschlossen, und nun steigt die Nachfrage an Kongo-Coltan. „Seit sechs Monaten gibt es praktisch keinen größeren westlichen Tantallieferanten mehr“, sagt David Hodge, Präsident der kanadischen Commerce Ressource Group, und prognostiziert: „Was geliefert wird, kommt aus Afrika, vor allem Kongo.“
Doch im Kongo selbst ist das noch Zukunftsmusik. Mulimbi tippt gestresst SMS in sein chinesisches iPhone-Imitat. Er sitzt auf dem Lkw-Beifahrersitz und verhandelt den Preis mit seinem Abnehmer. 13.000 Dollar hat er in Lulingu für 2.000 Kilo Kassiterit bezahlt. Eine Flugstunde und eine Autostunde später wird er die Ladung in Bukavu für 14.000 Dollar an einen Exporteur weiterverkaufen, hofft er. Aus seiner ledernen Aktentasche zückt er einen Taschenrechner und zählt zusammen: Die FDLR-Rebellen verlangen 100 Dollar für den Transport von den Minen bis zur Landebahn in Lulingu. Auf dem Rollfeld muss er den Soldaten der kongolesischen Armee ebenso 100 Dollar zustecken. Weitere 100 Dollar gibt er in Bukavu dem Beamten der Steuerbehörde, damit dieser auf sein Formular nur 300 statt 2.000 Kilo schreibt. „Alle wollen mitverdienen: die Banditen, die Soldaten, die Beamten“, regt er sich auf. Doch immerhin: Von den 500 Dollar Profit, die ihm die Ladung unterm Strich einbringt, kann der 36-jährige Geschäftsmann seine sechs Kinder ernähren. „Aber die Zeiten sind hart“, klagt er.
Das Kongo-Label ist schwer zu verkaufen
Im Innenhof des Verbandes der Mineralienhändler in Bukavu sind schwarzgraue kieselartige Steinchen auf Strohmatten ausgebreitet. Sie sind gewaschen und trocknen in der Mittagssonne. In einem Lagerhaus stapeln sich Säcke bis unter die Decke.
„Wir werden sie einfach nicht los“, klagt Verbandsvorsitzender Dieudonné Bagambara. Noch bis vor wenigen Monaten hat er im Innenhof 500 Kilo pro Woche umgeschlagen. Und in dieser Woche? „Zero“, raunzt er.
Der Grund: Die Kassiterit-Lieferungen stammen aus den Regionen Lulingu, Lemera, Numbi, Shabunda oder Mwenga – wo die Minen von den FDLR-Milizen kontrolliert werden. „Die Europäer sagen, das seien Blutmineralien“, sagt er und schüttelt den Kopf. Die Exportfirmen werden die Säcke mit dem Kongo-Label auf dem Weltmarkt nur noch schwer los. Bagambara zeigt auf die fünf Männer, die auf einer Bank dösen. Der Verband hat 82 Mitglieder – jetzt sind sie pleite und arbeitslos.
Bagambara zeigt Handelslizenzen, Steuerbescheide, Abgabenquittungen – alles, was der kongolesische Behördendschungel an Formalitäten zu bieten hat. Er zahle Steuern, er arbeite legal, regt er sich auf: „Was haben wir falsch gemacht?“ Weder er noch seine Kollegen seien je im Dschungel gewesen, er habe noch nie einen Rebellen persönlich getroffen. Er kaufe nur über Zwischenhändler ein. Und dennoch: „Jetzt machen sie uns in New York und Washington das Geschäft kaputt.“ Ausgerechnet zu einem Zeitpunkt, wo Ostkongos Mineralien auf dem Weltmarkt gute Chancen hätten.
Das Problem: Wenn man die Finanzquellen bewaffneter Gruppen wie der FDLR austrocknet, indem der internationale Handel mit Ostkongos Mineralien unterdrückt wird, stirbt auch die gesamte Wirtschaft der Region. Die einst sehr produktive Landwirtschaft der Region wurde in Jahrzehnten Chaos und Krieg zerstört. Erze fördern ist für viele Menschen in ländlichen Gebieten heute die einzige Möglichkeit, zu überleben. In den Städten müssen so gut wie alle Konsumgüter importiert werden, und die dafür nötige harte Währung kommt aus dem Mineralienexport.
Das ist inzwischen den meisten internationalen Beobachtern klar. Forderungen nach einem Boykott kongolesischer Mineralien werden daher auf der Ebene von EU oder UNO zurückgewiesen. Es geht stattdessen darum, Milizen aus Ostkongos Außenhandel hinauszudrängen, ohne den Handel zu zerstören.
Auf EU-Ebene ist dafür eine „Task Force“ eingerichtet worden, und ein UN-Expertenpanel untersucht die Frage, an welchem Glied der Handelskette angesetzt werden muss. Vorrangig geht es dabei um das Konzept „Due Diligence“: Internationale Firmen, die Rohstoffe verarbeiten, sollten darauf achten, wo genau diese Rohstoffe herkommen, von wem sie produziert und gehandelt werden und wer von den Erlösen profitiert. Das ist nicht so einfach, denn vor Ort schieben sich Exporteure und Händler gegenseitig die Verantwortung zu, und auf dem Weltmarkt sagen Unternehmen, sie hätten keinen Einfluss.
Der US-Senat debattiert dennoch derzeit über ein Gesetz, das verarbeitende Firmen verpflichtet, den Ursprung dieser Rohstoffe anzugeben und sicherzustellen, dass keine kongolesischen Kriegsparteien damit finanziert werden. Das folgt auf eine entsprechende Forderung des UN-Sicherheitsrats Ende 2008. Nun dreht sich die Diskussion darum, ob dafür verbindliche Regeln eingeführt werden sollen.
■ Was ist das? Kassiterit ist die kristalline Form von Zinnoxid, auf Deutsch „Zinnstein“.
■ Wo kommt es her? Kassiterit wird vor allem im Kongo und in Bolivien gefunden. Alte Bergwerke gibt es in Erz- und Fichtelgebirge.
■ Wo wird es verarbeitet? Führend bei der Zinnschmelze sind Thaisarco mit einer Schmelze in Phuket, bei der Verarbeitung Yunnan Tin in China.
■ Wofür wird es gebraucht? Zinnmetall ist vor allem für Lote unverzichtbar und wird für Weißblech unter anderem für Blechdosen verwendet, Zinnoxid für Halbleiter, LC-Displays und Katalysatoren.
Für westliche Unternehmen, die auf ihr Image bedacht sind, ist „Due Diligence“ ideal: Sie können zweifelhafte Lieferanten aussperren und sich darauf beschränken, nur dort zu kaufen, wo es einwandfrei aussieht. Aber die wichtigsten Endabnehmer kongolesischen Kassiterits sind Firmen in China und Thailand. Sie haben weniger Skrupel.
Für den kleinen Zwischenhändler vor Ort bleibt wenig Spielraum. Bagambara und seine Kollegen in Bukavu verkaufen ihre Mineralien an den Exporteur Muyeye. Muyeye und andere kongolesische Exportfirmen beliefern vorrangig Metallhändler aus Belgien und Hongkong. Die verkaufen dann weiter an die asiatischen Verarbeiter. Eine der etabliertesten dieser Handelsfirmen, Traxys in Belgien mit bis in die Kolonialzeit zurückreichenden Handelsbeziehungen, hat im April seine Importe aus dem Kongo offiziell eingestellt, nachdem das UN-Panel ihr vorwarf, im Jahr 2007 1.631 Tonnen Kassiterit aus FDLR-kontrollierten Minen erworben zu haben. Traxys begründete den Importstopp damit, die UN-Experten hätten gesagt, es gebe „keine akzeptable Lösung, außer die Käufe einzustellen“. Das Panel bestreitet dies. Egal, das belgische Unternehmen ist aus dem Schneider, aber seine einstigen Lieferanten im Ostkongo stehen ratlos da. Sie verklagen jetzt Traxys, weil das Unternehmen sich auf „höhere Gewalt“ beruft, um seine Verträge nicht einhalten zu müssen.
„Man kann sich fragen, ob Traxys’ Ankündigung nicht einen Dominoeffekt erzeugen wird“, sorgt sich die belgische Organisation Ipis, die Kongos Mineralienhandel unter die Lupe nimmt. „Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass viele Schürfer sich überlegen werden, sich einer bewaffneten Gruppe anzuschließen, falls sie ihre Mineralien überhaupt nicht mehr oder nicht mehr zu vernünftigen Preisen loswerden.“
Vorzeigeprojekt: Gewaltfreie Mineralien
Traxys und andere Handelsfirmen stehen aber unter Druck der Endabnehmer in der Handelskette: die globale Elektronikindustrie und darin insbesondere Firmen wie H. C. Starck, die ehemalige Bayer-Tochter mit Sitz in Goslar, weltweit führend in der Verarbeitung von Tantal. Die Firmen wollen vorauseilend jegliches schlechte Image vermeiden. Starck kauft nach eigenen Angaben seit 2001 nichts mehr aus dem Kongo, hatte bis letztes Jahr einen Exklusivvertrag mit Australien und will jetzt nur noch Coltan aus der ägyptischen Mine Abu Daddab beziehen, die mit deutschen Kreditgarantien ausgebaut wird. Zugleich hat Starck ein Unternehmen in Ruanda gekauft, wo ein von Deutschland ins Leben gerufenes Vorzeigeprojekt der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) zertifiziertes Kassiterit fördern soll.
Die BGR hat außerdem einen Herkunftsnachweis für Tantal- und Zinnerze entwickelt. „Wir wollen den analytischen Herkunftsnachweis als ein zusätzliches Mittel nutzen, um FDLR-freie Coltan-Produzenten zu zertifizieren, deren Erze dann auch auf dem internationalen Markt verkaufbar sind“, sagt Dirk Küster von der BGR. „Wir haben vor, schrittweise vorzugehen und mit unseren kongolesischen Partnerbehörden zunächst gewaltgruppenfreie Bergwerke zu begutachten.“ Ein von der Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit entsandter Experte dafür soll im September seine Arbeit aufnehmen. Aber kongolesische Behörden sind skeptisch, denn der „analytische Herkunftsnachweis“ erfordert eine sehr teure und anfällige Technologie, deren Anwendung vor Ort schon an der instabilen Stromversorgung scheitert.
Im Büro von Patient Kabanga klingt das alles sehr abstrakt. Der Kabinettsdirektor des Minenministeriums von Südkivu beugt sich über seinen Laptop und klickt durch Statistiken. Durch die internationale Finanzkrise sind die Exporte in den Keller gerast, erklärt er. Im Januar wurde aus Südkivu offiziell überhaupt kein Coltan mehr exportiert. Dann stieg die Kurve wieder leicht: 10 Tonnen im Februar, 57 im März, aber im April wieder nur 14. Kassiteritausfuhren stiegen vom absoluten Tiefpunkt im Januar, als nur 105 Tonnen Exporte registriert wurden, auf 2.908 im Februar, 447 im März und 460 im April. Die kleine Erholung scheint schon wieder zu Ende zu sein. „Wir befinden uns bereits in einer Katastrophe, und nun wird die internationale Kampagne dem Image unserer Mineralien noch weiter schaden“, seufzt Kabanga. In New York und Washington habe wohl niemand über die sozialen Konsequenzen dieses Quasiembargos nachgedacht.
Während Kabanga sich über seinen Statistiken die Haare rauft, wird fünf Kilometer weiter am Fluss Ruzizi, dem Grenzübergang nach Ruanda, der Behördendschungel aufgeräumt. Die Händler und Behörden Ostkongos unternehmen alles, um den Mineralienhandel in geordnete Bahnen zu lenken. Zoll, Amt für Hygiene, Migrationsbehörde, Amt für Produktkontrolle, Geheimdienst – 23 verschiedene Staatsagenturen hatten bislang beim Export ihre Finger im Spiel und kassierten bei Händlern ab. Südkivus Vizegouverneur Jean-Claude Kibala, der jahrelang in Deutschland gelebt hat, hat diesem Institutionenwirrwarr nun den Kampf angesagt: Auf vier Instanzen wurden die Exportkontrollen reduziert, und Kibala kommt nun mitunter selbst vorbei, um die Bücher zu prüfen. Das Gleiche passiert in der Nachbarprovinz Nordkivu.
Damit reagieren die Behörden auf die Erkenntnis, dass der Wildwuchs illegal agierender Behörden ein Hauptgrund für Schmuggel ist, der überhaupt jede Kontrolle der Herkunft der Mineralien unmöglich macht. Im Jahr 2007 befand das britische Entwicklungsministerium aufgrund von Recherchen des kongolesischen Pole Institute in Goma, nur 30 Prozent der Zinnerzexporte Ostkongos würden überhaupt offiziell deklariert. Die übrigen 70 Prozent würden informell über die Grenze gebracht und als ruandische Rohstoffe deklariert, um die hohen kongolesischen Exportsteuern zu umgehen. Noch schlimmer sei dies für Gold, das zwar massenhaft in Südkivu und Ituri gefördert wird, aber fast überhaupt nicht in Kongos Exportstatistiken auftaucht.
Diese Vorwürfe trieben die Verantwortlichen im Ostkongo zum Handeln. Die Provinzregierungen begannen, an den Grenzposten aufzuräumen, Gomas Mineralienhändler erzwangen per Streik eine Senkung der Exportsteuern. Zoll- und Behördenchefs arbeiten jetzt mit der lokalen Geschäftswelt zusammen, um gemeinsam den Handel besser zu organisieren. Seitdem sind die registrierten Exportmengen stark gestiegen, und trotz der jüngsten Krise steht mehr in den Büchern als in früheren Boomzeiten, als fast alles geschmuggelt wurde.
■ Die NGOs „Enough“ (www.enoughproject.org), „Global Witness“ (www.globalwitness.org) und IPIS (www.ipisresearch.be) fordern eine strengere Regulierung des Mineralienhandels. Das kongolesische Pole Institute (www.pole-institute.org) und die britische Resource Consulting (resourceglobal.co.uk) setzen auf lokale Reformen.
■ Staatliche Initiativen: Ein UN-Panel (www.un.org/sc/committees/1533/index.shtml) verfolgt illegalen Ressourcenhandel. Die deutsche Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (www.bgr.bund.de) entwickelt Zertifizierung, das britische Entwicklungsministerium hilft bei Handelsreformen (www.dfid.gov.uk/Global-Issues/How-we-fight-Poverty/Trade/Trading-for-peace).
Die Regierung will nun als nächstes klären, welche Förder- und Händlerlizenzen überhaupt gültig sind, sagte Kongos Premierminister Adolphe Muzito bei der Eröffnung einer Bergbaukonferenz in Goma am Mittwoch. Die lokalen Mineralienhändler begrüßten den Kampf gegen „Blutmineralien“ und forderten die rasche Einführung der Zertifizierung, um auf dem Weltmarkt wieder Fuß zu fassen.
Deswegen begrüßt Kabanga auch die Militäroperation, die vor wenigen Wochen in Südkivu begonnen hat. Kongos Armee will mit UN-Unterstützung die FDLR-kontrollierten Minen zurückerobern, um den Hutu-Milizen die Geschäftsgrundlage zu entreißen. Damit könne der Kongo das Image der „Blutmineralien“ abstreifen, hofft Kabanga.
Aber fast alle zivilgesellschaftlichen Gruppen fürchten dies: Die Armee sei auch nicht besser als die Miliz. Und selbst wenn Kassiterit und Coltan „sauber“ werden, bleibt den FDLR noch Südkivus Gold. „Coltan oder kein Coltan: Heute dreht sich alles um Gold“, warnt die Aktivistin Christine Schuler-Deschryver. Und es geht auch ganz ohne Mineralien. Früher lebten Rebellen im Ostkongo vor allem von Zigarettenschmuggel.
Immerhin: Der Computerhersteller AMD taufte seinen neuen Notebook-Chip „Congo“. Anstatt „Intel“ klebte ein Sticker „Congo“ auf den Laptops. Kabanga lächelt. „Ein solcher Sticker würde mich stolz machen“, sagt er. Aber er wird ihn nicht kriegen. Ausgerechnet nach Protesten internationaler Coltan-Kampagnen hat AMD seine Namensgebung wieder zurückgezogen.
■ Simone Schlindwein ist freie Journalistin und lebt in Kampala.
■ Dominic Johnson ist Afrika-Redakteur der taz und besucht häufig den Osten Kongos.