Die Angst vor dem großen Müllschlucker

In NRW fürchten Entsorgungsunternehmer nach der Übernahme von RWE Umwelt durch Remondis steigende Preise für Müllverbrennung. Die könnten mittelfristig zu höheren Entsorgungsgebühren für die Verbraucher führen

LÜNEN taz ■ Die nordrhein-westfälischen Müllentsorger befürchten ein Preiskartell. Nach der Übernahme von RWE Umwelt durch den Konkurrenten Remondis aus Lünen herrsche in der Müllbranche ein „Nährboden für Monopolbildung“, kritisiert Hans-Günter Fischer, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands Sekundärrohstoffe und Entsorgung (BVSE). Vor allem in NRW drohten Wettbewerber „gezielt aus dem Markt gedrängt werden“, da der neue Branchenführer Remondis in bestimmten Regionen als Betreiber von Müllverbrennungsanlagen ohne Konkurrenz die Preise erhöhen könnte. Langfristig könnten so auch die Müllgebühren für Verbraucher steigen.

Das Bundeskartellamt hatte vor zwei Wochen die Übernahme von 70 Prozent der Anteile von RWE Umwelt durch Remondis (früher Rethmann) unter strengen Auflagen genehmigt. Die beiden Unternehmen kontrollieren laut BVSE über 52 Prozent der Erfassung und Sortierung von Restmüll. Die noch bei RWE Umwelt verbliebenen Beteiligungen sollen an Mitbewerber verkauft werden. Übernimmt ein Großkonkurrent, so droht ein Duopol. Die Konzentrationstendenz erfülle ihn mit Sorge, äußerte sich Kartellamtschef Ulf Böge trotz seiner Zustimmung skeptisch.

Besonders bedenklich erscheint dem BVSE die Marktmacht von Remondis im Bereich von Müllverbrennungsanlagen (MVAs). Noch sind die 16 Anlagen in NRW zwar längst nicht ausgelastet, doch dies wird sich im Sommer ändern: Ab dem 1. Juni verbietet die eine neue Abfalllagerungs-Verordnung zum Grundwasserschutz, unbehandelten Restmüll auf Deponien zu lagern. „Dann wird die Auslastung der MVAs sprunghaft steigen“, sagt BVSE-Sprecher Jörg Lacher. Offenbar hat Remondis in Erwartung der höheren Nachfrage bereits vorsorglich die Preise erhöht: „Ein Mitgliedsunternehmen unseres Verbands hat von einer Preissteigerung von 100 Prozent bei der MVA Oberhausen berichtet“, so Lacher. Öffentlich nennen könne er den Namen der betroffenen Firma nicht: „Wenn die nicht weiter bei Remondis in Oberhausen verbrennen dürfen, können die ihr Geschäft in der Region dicht machen.“

Das NRW-Umweltministerium rechnet aber nicht mit einem baldigen Gebührenanstieg. Die Auswirkungen der neuen Abfalllagerungs-Verordnung würden nicht zu einer entscheidend besseren Auslastung der MVAs führen, da bereits jetzt der meiste Müll in NRW vorbehandelt werde, sagt Leo Bosten, Sprecherin der grünen Umweltministerin Bärbel Höhn. Auch die NRW-Landkreise beruhigen die Gebührenzahler. „Wir gehen davon aus, dass weiter Wettbewerb bestehen bleibt. Trotzdem könnte die Konzentrationstendenz mittelfristig dauerhaft Veränderungen zu Lasten der Bürger bewirken. Wir beobachten das“, so Boris Zaffarana, Sprecher des Landkreistages NRW.

Für Remondis hingegen ist das Thema Marktberherrschung nach der Entscheidung des Kartellamts abgeschlossen. „Das Kartellamt hat geprüft, das ist abgeschlossen und genehmigt“, sagt Unternehmenssprecherin Daniela Enslein. „Dafür ist es doch da.“ KLAUS JANSEN