Der Mann, der unerbittlich lächelt

Nett, aber knallhart: Niedersachsens CDU-Ministerpräsident Wulff wartet auf seine Chance als Kanzlerkandidat

Das Kabinett Merkel steht. Zumindest im Kopf von Niedersachsens CDU-Ministerpräsident Christian Wulff, der heute im Stern ankündigt, seine Familienministerin Ursula von der Leyen (CDU) nach einem Sieg bei der Bundestagswahl 2006 nach Berlin abgeben zu wollen: „Das wäre für Niedersachsen bitter, aber im Blick auf den Einfluss in Berlin durchaus eine Option.“ Für sich selbst schloss Wulff mal wieder aus, Kanzler oder Minister werden zu wollen. Im Herbst werde die Union Merkel mit einem „sehr einvernehmlichen Votum“ zur Kanzlerkandidatin küren. Sein Platz sei „in Hannover, und das akzeptiert Angela Merkel“.

Bescheiden, freundlich: Das ist typisch Wulff, den viele inzwischen den „netten Koch“ der CDU nennen. Spätestens seitdem das ZDF-Politbarometer den Niedersachsen an Joschka Fischer vorbei zu Deutschlands beliebtestem Politiker kürte, muss sich Wulff immer wieder gegen den Vorwurf wehren, er wolle Merkel nach der verlorenen NRW-Wahl im Mai die Kanzlerkandidatur streitig machen. Der einstige „junge Wilde“ der CDU weist dann stets darauf hin, dass ihn ja nur gut die Hälfte aller Deutschen kennen: „Bei meinem Namen denken viele an Christian Wolff, den Schauspieler vom ‚Forsthaus Falkenau‘.“

Neun Jahre war Wulff als Oppositionsführer im niedersächsischen Landtag als „born loser“ belächelt worden, bevor er im Februar 2003 die SPD vom Thron stieß. Seitdem hat sich Wulff mit einer Politik der Unangreifbarkeit im Land beliebt gemacht. Sein Trick: Schmerzhafte Kürzungen beim Blindengeld, bei den Universitäten oder bei den Landesangestellten verkündet der einstige CDU-„Milchbub“ stets mit einem Lächeln, in der Sache bleibt er betonhart. Drei Viertel der Niedersachsen sind mit der CDU-/FDP-Landesregierung zufrieden. Selbst laut einer von der Landes-SPD in Auftrag gegebenen Umfrage bekäme die CDU bei Wahlen in Niedersachsen derzeit 43 bis 44 Prozent der Stimmen, die Sozialdemokraten 36 bis 37 Prozent. Oppositionsführer Sigmar Gabriel (SPD), der zuletzt mit Beraterverträgen bei VW Schlagzeilen machte, sieht gegen den smarten Wulff blass aus. 2008 stehen die nächsten Landtagswahlen in Niedersachsen an.

Aber vielleicht zieht Wulff doch seine Karte als „Reserve“-Kandidat in der K-Frage. Einiges deutet darauf hin: Seitdem sich Merkel bei der Kür des Bundespräsidenten im vergangenen Frühjahr verzettelte, drängt der Anwalt aus Osnabrück bundesweit immer stärker in die Schlagzeilen: Zunächst mit seiner Ankündigung, die Rechtschreibreform rückgängig machen zu wollen, dann mit dem Vorstoß, die Kultusministerkonferenz aufzulösen. Klar ist: Nicht der Hesse Koch, nicht der Bayer Stoiber sind derzeit in der Union die Nummer zwei, sondern der Niedersachse Wulff. Er weiß: Wer jetzt Ambitionen in der K-Frage zeigt, verbrennt sich die Finger. Er kann es sich leisten zu warten: Auch bei der Bundestagswahl im Jahr 2010 ist Wulff erst 51 Jahre alt. KAI SCHÖNEBERG