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Archiv-Artikel

Vattenfall stärkt Atomkraftskeptiker

KRÜMMEL-PANNEN Besser Abschalten, findet Hamburgs Bürgermeister Ole von Beust nach dem erneuten Störfall im Atomkraftwerk an der Elbe. Krisengipfel mit Vattenfall-Chef Schubach am Donnerstag

Nach dem erneuten Störfall im Atomkraftwerk Krümmel entbrennt im Norden eine heftige Debatte über die Atomenergie über Parteigrenzen hinweg. So forderte Hamburgs Erster Bürgermeister Ole von Beust (CDU) vom Betreiber Vattenfall „unverzüglich totale Transparenz“. Weil bei Atommeilern Sicherheit das wichtigste Gebot sei, „ist es richtig, wenn beim leisesten Verdacht abgestellt wird“, sagte er dem Hamburger Abendblatt.

Damit stellt sich von Beust, der umweltpolitischer Sprecher der Bundes-CDU ist und als Kandidat für den Posten des Bundesumweltministers nach einem schwarz-gelben Erfolg bei der Bundestagswahl gilt, an die Spitze der Atomkraftskeptiker in der Union. Dabei kann er auf die schwarz-grünen Koalitionsfraktionen in der Bürgerschaft zählen. Vattenfall solle sich von Krümmel „verabschieden“, findet CDU-Umweltpolitiker Rüdiger Kruse, das AKW „gehört richtig abgeschaltet“, ergänzt Jenny Weggen (GAL).

Am Donnerstag werden sich von Beust und Umweltsenatorin Anja Hajduk (GAL) im Hamburger Rathaus mit dem Chef von Vattenfall in der Hansestadt, Rainer Schubach, zum Krisengipfel treffen. Bereits am Mittwochnachmittag wird Krümmel das beherrschende Thema in der aktuellen Stunde der Bürgerschaft sein. Die GAL wie auch die oppositionelle SPD haben Debatten angemeldet.

Ganz anders sind die Ängste des CDU-Fraktionschefs im Landtag von Schleswig-Holstein: „Vattenfall diskreditiert die friedliche Nutzung der Kernenergie“, fürchtet Johann Wadephul. Schleswig-Holsteins für die Atomaufsicht zuständige Sozialministerin Gitta Trauernicht (SPD) sieht diese Aufgabe weiterhin als Sache der Bundesländer. „Die bundesweite Atomaufsicht hat grundsätzliche Aufgaben zu erledigen, die unmittelbare Atomaufsicht liegt auch zukünftig besser in den Händen der Länder“, sagte sie am Montag in Kiel. Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) hatte gefordert, diese Aufgabe auf den Bund zu übertragen. Trauernicht würde es jedoch begrüßen, wenn Gabriel die Übertragung von Restlaufzeiten auf Bundesebene durchsetzen könnte.

Vor ihrem Dienstsitz in Kiel haben am Montag Atomkraftgegner mit einem qualmenden AKW-Modell demonstriert. Trauernicht solle Vattenfall „dauerhaft die Erlaubnis zum Betrieb von Atomkraftwerken entziehen“, forderten sie. Ähnlich äußerten sich sämtliche Umweltverbände im Norden.

Die Kieler Atomaufsicht geht allerdings davon aus, dass die Wiederinbetriebnahme des Reaktors nach einer Reparatur formal nicht zustimmungspflichtig ist. „Vattenfall hat eine Dauerbetriebsgenehmigung“, sagte Ministeriumssprecher Oliver Breuer. Vattenfall-Sprecherin Barbara Meyer-Bukow beteuerte hingegen, das Atomkraftwerk werde nur „in enger Abstimmung mit der Atomaufsicht“ wieder in Betrieb genommen werden.

In diesem Punkt will Vattenfall offenbar auf Nummer sicher gehen. SVEN-MICHAEL VEIT

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