: Linkspartei entwirft Berlitopia
Die ASG, neue Linkspartei in spe, legt mit ihrem Programmentwurf ein linkes Wünsch-dir-was vor. Was das kostet, hat das Bündnis lieber gar nicht ausgerechnet. Ist auch egal: Zahlen soll der Bund
VON ULRICH SCHULTE
Berlins neue Linkspartei in spe formiert sich: Die so genannte ASG hat gestern den Entwurf eines Wahlprogramms vorgelegt. Weg mit Sozialkürzungen, massiv Steuergelder in Bildung, Arbeit und Wirtschaft stecken, lautet der Tenor. „Wir können bei der Abgeordnetenhauswahl 2006 die Fünfprozenthürde schaffen“, sagte Vorstandsmitglied Klaus-Dieter Heiser gestern. Eine Reihe von Umfragen bescheinige der ASG ein Wählerpotenzial zwischen 3 und 19 Prozent.
Zur Erinnerung: Das Bündnis „Arbeit und soziale Gerechtigkeit – Die Wahlalternative Berlin“, kurz ASG, ist aus dem Verein „Wahlalternative Arbeit und soziale Gerechtigkeit“ (WASG) hervorgegangen, der sich im vergangenen Sommer eher mit Personalstreitigkeiten mit als mit Hartz-IV-Kritik hervorgetan hat.
Die jetzt vorgelegte landespolitische Erklärung formuliert auf acht Seiten ein linkes Wünsch-dir-was mit einer Reihe äußerst lobenswerter Vorschläge (Auszüge siehe Kasten). Was sie das hoch verschuldete Berlin kosten würden, hat die Partei lieber gar nicht erst ausgerechnet.
Das ist auch nebensächlich, denn zahlen soll sowieso der Bund: „Die Klage vor dem Bundesverfassungsgericht auf Finanzhilfe ist zu defensiv“, sagte Rouzbeh Taheri, der ebenfalls im kommissarischen Vorstand sitzt. Offensiv bedeutet für die ASG: Hans Eichel müsste statt der vom rot-roten Senat geforderten 35 Milliarden Euro knapp 50 Milliarden lockermachen, um Berlin aus seinem Schulden-Zins-Schlamassel zu ziehen. Nutzt alles nichts, schlägt das Programmpapier kleinere Erpressungen vor: „Wie würde der Kanzler reagieren, wenn Berlin (…) lieber zwei Opern schließt, als das Sozialticket de facto abzuschaffen?“
Berlins Wirtschaft werde sich ohne eine Belebung der Industrie nicht erholen, sagte Taheri weiter. Die ASG will mit Landesförderung ökologische Industrie in die Stadt locken. „Da sehen wir eine Marktlücke. Die konventionellen Branchen siedeln anderswo im Bundesgebiet. Durch die Unis und Fachhochschulen gibt es hier das nötige Know-how und Fachleute.“ Als Beispiel nannte Taheri Wasserstoffauto-Fabriken. Jobs könnten auch in sozial-kulturellen Dienstleistungen entstehen.
Falls das noch nicht reicht, um die 331.000 Berliner Arbeitslosen zu beschäftigen, soll ein Jobprogramm Abhilfe schaffen: Das Land müsse in der nächsten Legislaturperiode 100.000 Arbeitsplätze finanzieren. „Berlin steht vor der Entscheidung: Gibt man mit den Armen und Arbeitslosen ein Viertel der Bevölkerung auf oder nicht“, so Taheri.
Wenn sie es ins Parlament schaffe, will die ASG konsequent auf Opposition setzen – passend zum Programm: „Wir sehen keine Partei, mit der wir unsere Forderungen auch nur ansatzweise verwirklichen könnten“, so Taheri. Derzeit hat die Berliner ASG 254 Mitglieder. Ihren Landesverband sollen die Mitglieder im Juni gründen.