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Archiv-Artikel

Bürger, zur Kasse bitte!

Aus den Vorbereitungspapieren der gestrigen Koalitionsrunde: Trotz aller Beteuerungen, der Rasenmäher solle nicht weiter die höchste Form der Regierungskunst sein, wollen die Koalitionäre Abgaben und Gebühren erhöhen wo immer es geht

Von Kawe
Diverse Institutionen werden demnächst ihre Gebühren erhöhen müssen

Bremen taz ■ Bremen hat kein Ausgabenproblem, sondern ein Einnahmeproblem, hat der Senat in den vergangenen Wochen unentwegt erklärt. Es gibt aber nur wenige Stellschrauben, an denen die Bremer deutlicher zur Kasse gezwungen werden können. Da wird nun gedreht — sie stehen auf der Liste des Koalitionsausschusses, der gestern den ganzen Tag über beraten hat.

Etwa die Vergnügungssteuer, die ein Betreiber von Spielhallen abführen muss: Die Sätze sollen angehoben werden. Im Jahre 2004 wurden knapp 3,8 Millionen Euro kassiert, ab 2006 sollen es 5,8 Millionen werden. Auch das Vergnügen, einen Hund zu besitzen, wird teurer: Von 122 Euro auf 144 Euro soll die Hundesteuer pro Hundenase steigen. Das bringt 229.000 Euro mehr in die Kasse, geplante Einnahmen 2006: 1,54 Millionen Euro.

Die Zweitwohnsitzsteuer soll für 2006 von acht auf zehn Prozent erhöht werden. Statt 525.000 Euro sollen 644.000 Euro ins Stadtsäckel fließen. Die Gebühren für Steuerprüfungen sollen schlicht verdoppelt werden. Die Gewerbesteuer soll erst 2007 erhöht werden — um bescheidene 20 Punkte. Statt 293 Millionen sollen 307 Millionen Euro anfallen. Auch die Grundsteuer wird 2007 um 20 Punkte angehoben — die Einnahmen würden von 123 Millionen auf 127 Millionen Euro steigen.

Schwer tut sich die Sozialsenatorin, der Erhöhung der Kita-Beiträge zuzustimmen. Das Problem: Für die wohlhabenden Familien sind die Sätze schon jetzt so hoch, dass jede weitere Erhöhung leicht dazu führen könnte, dass für diese Gruppe eine private Kindergruppe preiswerter wäre als das öffentliche Kita-Angebot. Und der Bundesvergleich zeigt: Der „Kostendeckungsbeitrag“ der Elterngebühren liegt in Bremen zwischen 14 und 15 Prozent, in Stuttgart bei 9 Prozent, in Niederachsen und Berlin bei 11 Prozent. In Rheinland-Pfalz und im Saarland sind Kitas wie Schulen gänzlich gebührenfrei. Gerade in diesen beiden Ländern ist auch der Personalschlüssel deutlich besser als in Bremen.

Infolge der Kürzung ihrer Budgets werden diverse Institutionen demnächst ihre Gebühren erhöhen müssen. Für die Stadtbibliothek lagen dem Koalitionsausschuss schon detaillierte Angaben zur Berechnungen vor: Die kurzfristige Anhebung der Jahreskarte von 20 auf 25 Euro soll schon in 2005 insgesamt 15.000 Euro mehr bringen, 2006 das doppelte. Die Lehrer sollen nicht mehr befreit werden von den Gebühren — bringt 44.000 Euro pro Jahr. Rentner sollen voll bezahlen, diverse andere Gebühren sollen steigen, insgesamt soll die Stadtbibliothek pro Jahr 196.000 Euro mehr kassieren. Zudem spart die Bibliothek ihre Standorte in Osterholz und Lesum ein.

Bei Familien mit Kindern würde auch der Wegfall der Lernmittelfreiheit zu Buche schlagen. Sie sollen Hefte und Stifte privat kaufen, die Schule soll Leihbücher gegen Gebühr anbieten. Kinderreiche Familien und Förderberechtigte zahlen nichts dafür. Unterm Strich soll das 1,8 Millionen im Jahr sparen.

Sparen will der Bildungssenator auch bei der Erwachsenenschule: „Halbierung der Personalkosten“ ist das Ziel. Sollte dies nicht möglich sein, „wird die Privatisierung der Erwachsenenschule geprüft“. Rigoros trifft es auch Familien mit besonders förderbedürftigen Kindern im Kita-Alter: Unabhängig von der fachlichen Begründung der Anträge auf integrative Hilfen und ihrer Anzahl soll die Summe, die dafür zur Verfügung steht, von 17 Millionen Euro in diesem Jahr auf 16 und dann auf 15 Millionen in 2007 gekürzt werden. Kawe