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Archiv-Artikel

Ein Rechter schlägt sich durch

Der NPD-Landtagskandidat und Stolberger Ratsherr Willibert Kunkel steht heute in Aachen wegen Körperverletzung an einem 13-Jährigen erneut vor Gericht. Er ist als Agitator einschlägig bekannt

VON MICHAEL KLARMANN

Ein NPD-Landtagskandidat vor dem Kadi: Das Landgericht Aachen enscheidet heute darüber, ob Willibert Kunkel eine wegen vorsätzlicher Körperverletzung an einem 13-Jährigen gegen ihn verhängte Geldstrafe von 2.100 Euro zahlen muss. Das Amtsgericht Eschweiler hatte den Stolberger Ratsherrn am 12. November 2004 zu der Geldstrafe verurteilt. Die Kammer sah es seinerzeit trotz widersprüchlicher Zeugenaussagen als erwiesen an, dass Kunkel den Jungen so rabiat an Hals und Nacken gepackt hatte, dass dieser kurzfristig über Atembeschwerden und Schmerzen klagte. Der 54-Jährige hatte daraufhin Berufung eingelegt.

Kunkel bekleidet, nachdem er Mitte 2002 von der DVU zur NPD gewechselt war, heute neben seinem Ratsmandat eine Reihe weiterer Parteiämter. Er ist Vorsitzender des NPD-Kreisverbandes Aachen, Beisitzer im NPD-Landesvorstand NRW und gehört dem Bundesvorstand der Kommunalpolitischen Vereinigung (KPV) der NPD an.

Zudem gilt er Antifaschisten als treibende Kraft hinter dem „Bezirksverband Aachen-Mittelrhein“ mit den NPD-Kreisverbänden Aachen, Köln, Mönchengladbach/Heinsberg und Erftkreis. Auf dem Essener NRW-Parteitag platzierte seine Partei ihn im Dezember 2004 an sechster Stelle der Reserveliste. Würde die NPD fünf Prozent der Wählerstimmen erhalten, säße Kunkel im Düsseldorfer Landtag.

Der Vorfall, um den es heute vor Gericht geht, ereignete sich am 20. September 2003 im Anschluss an einen rechten Aufmarsch gegen die Wehrmachts-Ausstellung in Dortmund. Mit anderen Neonazis war Kunkel mitmarschiert und nach der Heimreise noch in eine Stolberger Gaststätte eingekehrt. Alkoholisiert traf der NPD-Ratsherr später vor seinem Haus auf eine Gruppe Jugendlicher, von denen er sich belästigt fühlte. Zeugenaussagen zufolge forderte Kunkel diese auf, „sich zu verpissen“.

Während eines Wortgefechtes sei er dann aus der Gruppe heraus beleidigt worden und habe die Tat begangen, befand die Richterin in erster Instanz. Wenn aber ein Erwachsener ein Kind so anpacke, müsse „er damit rechnen, dass das Kind Schaden erleidet.“ Selbst wenn die Beleidigungen gravierend gewesen wären, rechtfertige dies nicht, ein Kind so zu attackieren, hieß es in der Urteilsbegründung. Kunkel schwieg im Prozess zu den Vorwürfen.

Lokal kooperiert der NPD-Mann schon seit Jahren eng mit der rechtsextremen „Kameradschaft Aachener Land“ (KAL). Diese bekennt sich durch die Ziffer „28“ als Code für die Buchstabenfolge „BH“ zum internationalen, in Deutschland verbotenen Neonazi-Netzwerk „Blood & Honour“. KAL-Mitglieder fielen zudem wiederholt durch T-Shirts der B&H-Terrorgruppe „Combat 18“ auf.

Ende 2003 hatte das Landgericht Aachen es auch als erwiesen angesehen, dass im Oktober 2001 aus dem KAL-Umfeld eine Antrax-Attrappe an die jüdische Gemeinde Aachen verschickt wurde. Die Tat konnte jedoch keiner Person direkt zugeordnet werden.

Kunkel selbst trat als Anmelder von Aufmärschen in Erscheinung und fungierte als Redner auf rechten Demos in NRW. Als die NPD im Juni 2004 gegen den Synagogenbau in Bochum aufmarschierte, führte Kunkel die Demo mit Christian Malcoci, einflussreicher Kader der NRW-Neonazis und ebenso NPD-Landtagskandidat, an. Medienwirksam war Kunkel zudem im November 2003 in Aachen mit 30 „Kameraden“ zu Beginn des Prozesses gegen die Mörder der Eschweiler Geschwister Tom und Sonja aufmarschiert. Motto: „Todesstrafe für Kinderschänder!“ Da lag die nun erneut zu verhandelnde Tat sechs Wochen zurück.