Standesbeamte sollen strikt sein

Der Generalverdacht, dass es an der Liebe fehlt: Hamburgs Innensenator Udo Nagel bläst in einem behördeninternen Erlass zur Attacke gegen so genannte „Scheinehen“

Heiraten zwei Deutsche, um Steuern zu sparen, ist das deren Privatsache und kein Politikum – Zweck-Ehen sind in der deutschen Gesellschaft durchaus akzeptiert. Ist einer der Partner aber Ausländer, hört die Akzeptanz oft auf: Bei binationalen Paaren gilt die Ehe wieder als heilige Institution, die allein durch Liebe gerechtfertigt ist – und nicht gestattet werden soll, wenn sie ein Aufenthaltsrecht für den ausländischen Partner begründet.

Nun hat Innensenator Udo Nagel (parteilos) ein behördeninternes Rundschreiben erlassen, nach dem so genannte „Scheinehen“ noch strikter unterbunden werden sollen: Alle StandesbeamtInnen müssen sofort die Ausländerbehörde informieren, wenn sie den Eindruck haben, eine Ehe diene allein dem Erwerb des Aufenthaltes.

Seit einer Änderung des Eheschließungsrechtes 1998 sind StandesbeamtInnen verpflichtet, eine Trauung zu verweigern, wenn es „offenkundig“ ist, dass beide Ehepartner nicht wirklich eine Lebensgemeinschaft begründen wollen. Einzelne Hamburger Bezirke haben Merkblätter erarbeitet, in dem StandesbeamtInnen erfahren, wann eine Ehe ihr Misstrauen erwecken sollte. In den übrigen Bezirken ist dies allein ihrem persönlichen Eindruck überlassen.

Das Ergebnis befriedigt die Innenbehörde nicht. Kommt es nach der Weigerung der StandesbeamtInnen zur Klage, moniert Sprecher Marco Haase, billigen die Gerichte nur in den wenigsten Fällen die Ablehnung. Mit anderen Worten: Die meisten als „Scheinehen“ diffamierten Lebensbünde dürfen dann doch geschlossen werden.

Die Innenbehörde folgert daraus nicht etwa, dass es dann eben keine „Scheinehen“ waren. Das Problem sei vielmehr der vom Gesetz geforderte eindeutige Nachweis, dass „offenkundig“ beide Partner keine wirkliche Ehe wollten. Nagel wolle mit seinen Länder-KollegInnen deshalb auf der nächsten Innenministerkonferenz über eine Änderung des Gesetzes beraten. Anschließend könnte schon genügen, dass eine Ehe „wahrscheinlich“ nur zur Aufenthaltserschleichung geschlossen wird.

Das allerdings würde quasi alle binationale Ehen unter Generalverdacht stellen. In diese Richtung zielt bereits eine weitere Regelung aus Nagels Dienstanweisung ab: Alle Paare, die nach der Eheschließung eine Aufenthaltsgenehmigung für einen Partner beantragen, müssen beweisen, eine „wirkliche Ehe“ eingegangen zu sein. Selbst bei „kleinen Zweifeln“ daran gibt es den Aufenthaltstitel nur noch befristet. Elke Spanner