: Homos entdecken ihre Senioren
Das Thema Alter steht dieses Jahr im Mittelpunkt des Kölner Christopher-Street-Days. Denn noch immer werden ältere Homosexuelle diskriminiert, erklären die Veranstalter
KÖLN taz ■ Auch Lesben und Schwule werden älter. Allein in Köln leben rund 22.000 Homosexuelle, die über 60 Jahre alt sind. Politische Lobbyarbeit für diese Seniorengruppe war in der Vergangenheit selten. Mit dem Motto „lebenslang liebens:würdig“ stellt daher der Kölner Lesben- und Schwulentag e.V. (KLuST) das Thema Alter in den Mittelpunkt des diesjährigen Christopher Street Days (CSD). „Wir wenden uns damit gegen die Ausgrenzung von homosexuellen Senioren und gleichzeitig gegen den Jugendkult in der Community“, erklärt Markus Danuser vom Vorstand des KLuST die zwei Stoßrichtungen des CSD-Mottos.
Zum allgemeinen Trend, die Alten aus dem aktiven gesellschaftlichen Leben auszugrenzen, kommen bei Lesben und Schwulen besondere Schwierigkeiten hinzu. Viele von den heute im Rentenalter lebenden Homosexuellen sind in einer Zeit schlimmer Diskriminierung aufgewachsen. „Die Verfolgung durch das NS-Regime fand bis 1969 seine Fortsetzung mit der Kriminalisierung durch den Paragraph 175“, weist Danuser auf teilweise traumatische Erlebnisse hin. Alten- und Pflegeeinrichtungen seien auf diese speziellen Erfahrungswelten nicht vorbereitet. Oft stoßen die alten Homosexuellen auf Ablehnung beim Pflegepersonal und bei den heterosexuellen Altersgenossen. Kein Wunder also, dass 90 Prozent der Lesben und Schwulen die klassischen Angebote für Senioren aus Angst vor Ausgrenzung ablehnen.
Die Kölner Beratungsstelle für Lesben und Schwule RUBICON fordert daher von Politik und Verwaltung, Projekte im Bereich der Seniorenarbeit in Köln zu fördern, die den homosexuellen Alten einen diskriminierungsfreien und würdevollen Lebensabend sichern. Einen ersten Erfolg in diese Richtung kann die Beratungsstelle schon verbuchen. In der Ratssitzung am Dienstag bewilligten die Politiker 50.000 Euro pro Jahr für ein „Konzept für ein stadtweites Seniorennetzwerk für Lesben und Schwule“. „Trotz dieser positiven Entwicklung hat sich das Thema aber für uns nicht erledigt“, betont KLuST-Vorstand Markus Danuser.
Zur CSD-Parade am 3. Juli 2005 durch die Kölner Innenstadt erwartet der KLuST bis zu 40.000 TeilnehmerInnen. „Wir haben große Unterstützung durch Verwaltung und Polizei erhalten“, freut sich Ralf Wandelt vom KLuST. Die Gefahr, dass die Parade ihren Demo-Status aufgrund zunehmender Kommerzialisierung verlieren könnte, sieht Wandelt nicht. Interessierten Firmen könne die Teilnahme an der Demo nicht verboten werden. „Aber wir haben dieses Jahr ein besonderes Augenmerk darauf, dass sich alle an das politische Motto halten.“
THOMAS SPOLERT