: Zwei für jeden Ausschuss
Die beiden SSW-Abgeordneten haben Stimmrecht in den Ausschüssen, obwohl es ihnen zahlenmäßig nicht zusteht. Der Grund: Die Gremien müssen des Landtags Mehrheitsverhältnisse spiegeln, um diesen funktionsfähig zu halten
Es wird wieder Ärger geben: Die beiden SSW-Vertreter im Kieler Landtag helfen heute nicht nur Heide Simonis auf den Sessel der Ministerpräsidentin, sondern werden künftig in allen Ausschüssen mitstimmen dürfen – obwohl es ihnen zahlenmäßig nicht zusteht. SSW-Spitzenfrau Anke Spoorendonk erwartet weitere Kritik, meint aber: „Ob wir wollen oder nicht, wir müssen uns mit der Lage abfinden.“
Bisher saßen die SSW-Vertreter als beratende, aber nicht stimmberechtigte Mitglieder in den Ausschüssen. Das geht nun nicht mehr, bestätigten Rechtsexperten des Wissenschaftlichen Dienstes und des Verfassungsgerichts: Die Ausschüsse würden dann ein anderes Mehrheitsbild zeigen als das Parlament. Das würde bedeuten, dass jeder Gesetzesvorschlag, der im Ausschuss eine CDU/FDP-Mehrheit erhält, vom Parlament mit den SSW-Stimmen wieder gekippt werden könnte – was die Arbeit im Ausschuss praktisch sinnlos macht. Gerade bei aufwendigen Gesetzen oder einem Brocken wie dem Haushalt wäre die Arbeit auf Wochen gelähmt durch das Hin und Her zwischen Ausschüssen und Landtag. Die Rechtsmeinung, die Spoorendonk und ihr Kollege Lars Harms gestern schilderten, geht von zwei Grundsätzen aus: Die Ausschüsse müssen das Parlament widerspiegeln, deren Mehrheitsverhältnisse müssen sich in den Ausschüssen finden. Da es ohne SSW keine Mehrheit gibt, funktioniert das nur, wenn der SSW in jedem Ausschuss sitzt. Das wird möglich über ein so genanntes Grundmandat, das keine andere Partei einen Platz kostet. Beraten worden war auch ein Listenverfahren, das dazu geführt hätte, dass die SPD mehr Vorsitzposten bekommen hätte als die CDU – die wohl dagegen geklagt hätte. Das jetzige Verfahren, für das der Landtag seine Geschäftsordnung ändern muss, sei CDU und FDP mitgeteilt worden: „Sie haben es zur Kenntnis genommen“, sagt Spoorendonk. Die FDP habe signalisiert, sie halte es für den „einzig gangbaren Weg“ – in einer Erklärung schimpfte Wolfgang Kubicki allerdings, der SSW „gibt seine Neutralität auf“ – wobei die Partei allerdings nie neutral sein wollte.
„Wir werden jeden Ausschuss erbarmungslos mitmachen“, versprach Lars Harms. Sitzungen ohne SSW werde es nur geben, „wenn einer von uns mit Grippe im Bett liegt“, sagte Spoorendonk. Obwohl die Dänen- und Friesenvertretung praktisch alle Rechte einer Fraktion hat, bleibt sie ohne diesen Status – und damit ohne entsprechende Funktionszulagen. Überhaupt spart der SSW dem Steuerzahler Geld: Vermutlich wird er keine Oppositionszulage erhalten, aber auch nicht von den finanziellen Vorteilen einer Regierungspartei profitieren. „Wir lassen das prüfen“, erklärte Spoorendonk.
Esther Geißlinger