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Archiv-Artikel

Echte Chance für den Wettbewerb

betr.: „Müssen Manager ihre Gehälter offen legen, gibt es zum Jammer einen Grund weniger“, taz vom 12. 3. 05

Es ist tatsächlich ein folgenschwerer Irrtum, das Offenlegen von Managergehältern mit der Einführung eines Sozialismus gleichzusetzen, denn das genaue Gegenteil ist hier der Fall. Sie ist nur der erste Schritt in eine zukunftssichere Unternehmenspolitik.

Es herrscht noch immer ein Luxus und eine Prestigeerwartung, die weder der Liberalisierung der Märkte noch den Anforderungen einer globalisierten Welt Rechnung tragen. Wenn auch für den Einzelnen schmerzlich, so muss jetzt endlich die Tatkraft zu echtem unternehmerischem Denken und Handeln her. Den Luxus von irrational hohen Vorstandsgehältern können wir uns im Hinblick auf internationale Wettbewerbsfähigkeit nicht mehr leisten. Ich plädiere hier für eine bedingungslose Öffnung der Märkte und Entzerrung der Arbeitsbedingungen, die wir leider zu Lasten unserer globalen Handlungsfähigkeit immer noch blockieren.

Es stehen Unmengen hoch motivierter und höchstqualifizierter Akademiker zur Verfügung, die uns bei der wirtschaftlich notwendigen Verschlankung unserer Unternehmensspitzen helfen könnten. Kompetente Polen und Ukrainer, aber auch gut ausgebildete Ghanaer und innovative Chinesen warten vor unseren Toren. Dieses Humankapital aber würde nicht nur sein internationales Know-how mit an den Standort Deutschland bringen, sondern uns auch nur einen Bruchteil der Apanagen von Herrn Schrempf und Wendlingen Wiedekind kosten, und dies völlig ohne Anspruch auf irgendwelche Abfindungen. Die selbstverständlichen sozialen Polster der 60er- und 70er-Jahre für die Vorstände des letzten Jahrhunderts können wir uns einfach nicht mehr leisten. Wir brauchen eine leistungsorientierte Bezahlung und mehr sich selbst regulierenden Wettbewerb. Es wäre ein romantischer Irrglaube anzunehmen, dass wir uns die alten wohlfahrtsstaatlichen Modelle noch leisten oder den Fortschritt einfach aufhalten … Auch benötigen wir jetzt den Mut offenen Blickes in die Zukunft der Unternehmensentwicklung zu schauen, ohne beschönigende Sentimentalitäten. In einigen Jahren sind selbstverständlich auch die teuren Standorte für Unternehmensführungen hier obsolet. Diese produktionsfernen Strukturen werden folgerichtig in ein investitionsfreundlicheres Klima outgesourced werden müssen, möglicherweise in den nahen Osten oder Afrika. Und letztlich kommt uns das doch dann allen zugute.

Erst wenn wir diese Wege für freie unternehmerische Entscheidungen öffnen und so die Rahmenbedingungen für die Unternehmen stärken, werden auch wieder neue Arbeitsplätze für Manager entstehen. Da hilft jetzt weder Lamentieren noch blinde Besitzstandswahrungsansprüche. Mit den Arbeitsagenturen und Hartz IV verfügen wir auch über ein effektives Instrument, die so freigesetzten Vorstände wieder in den ersten Arbeitsmarkt zu integrieren, zu realen Bedingungen. Z. B. als Dienstleister- oder vorübergehend im Ein-Euro-Job-Segment als Parkwächter. Auch dies wäre ja ein wichtiger Dienst am Gemeinwohl. BORIS MANNS, Waldenbuch

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