: Firmen auf Menschenrechte verpflichten
Bundestag fordert Verhaltensnormen für transnationale Konzerne. Damit soll auch ein Pflock gegen das Wirtschaftsministerium eingerammt werden. Auch die Tobinsteuer ist zurück auf der politischen Tagesordnung
BERLIN taz ■ Transnationale Unternehmen sollen stärker zur Einhaltung der Menschenrechte verpflichtet werden. Das wollten die Fraktionen von SPD und Grünen gestern im Bundestag beschließen. Die Mehrheit galt als sicher. SPD und Grüne machen sich stark dafür, dass die Vereinten Nationen (UN) verbindliche Normen einführen, nach denen sich die Unternehmen künftig richten müssen. Die Bundesregierung wird aufgefordert, sich für dieses Ziel einzusetzen. Ein entsprechender Normenkatalog liegt der UN-Menschenrechtskommission zur Beratung vor. Die Konzerne sollen beispielsweise die politischen und bürgerlichen Rechte ihrer Beschäftigten achten, ihnen auskömmliche Löhne zahlen und ihnen erlauben, Gewerkschaften zu bilden.
Verschiedene internationale Richtlinien für Unternehmen gibt es zwar heute schon, doch lässt ihre Durchsetzung zu wünschen übrig. Das Neue an dem UN-Vorstoß, den federführend der US-Professor David S. Weissbrodt erarbeitet hat, ist nun: Die Vereinten Nationen und die Mitgliedsstaaten werden aufgefordert, Mechanismen für Kontrolle und Durchsetzung zu entwickeln. Außerdem wird festgelegt, dass Beschäftigte bei Verstößen der Unternehmen ein Recht auf Schadenersatz haben. Bis zur Annahme und Umsetzung der Normen durch die Vereinten Nationen wird freilich noch beträchtliche Zeit vergehen. Denn die Widerstände seitens der Konzerne sind groß.
Um den Prozess zu beschleunigen, haben SPD und Grüne nun einen Pflock auch gegen die Haltung des Bundeswirtschaftsministeriums eingeschlagen. Im Haus von Minister Wolfgang Clement (SPD) legt man großen Wert auf die freiwillige Beteiligung der Unternehmen. Bindende internationale Bestimmungen, die über die staatlichen Gesetze hinausgehen, werden in der Regel abgelehnt.
Auch in einen anderen Prozess künftiger internationaler Rechtsetzung ist neue Bewegung gekommen. Der Entwicklungsausschuss des Bundestags debattierte am Mittwoch über die Einführung einer Devisentransaktionssteuer, landläufig auch Tobinsteuer genannt. Durch Äußerungen von Frankreichs Präsident Jacques Chirac und Bundeskanzler Gerhard Schröder beim Weltwirtschaftsforum in Davos ist die zwischenzeitlich tote Idee wieder zurück auf der politischen Tagesordnung. Die Besteuerung von grenzüberschreitenden Devisengeschäften soll einerseits Währungskrisen verhindern, andererseits Milliarden Dollar erbringen, um die Armut in den Entwicklungsländern zu reduzieren.
Das belgische Parlament hat bereits ein Gesetz beschlossen, das die Einführung der Devisensteuer vorsieht – wenn alle Staaten der Eurozone mitmachen. Lieven A. Denys, Professor aus Brüssel, schilderte in der Anhörung die Vorteile der Tobinsteuer: Sie sei einfach zu erheben, behindere die Geschäfte der Finanzmärkte nicht und erbringe bei minimalem Steuersatz von 0,01 Prozent schon Milliardeneinnahmen.
Entwicklungsökonom Peter Nunnenkamp vom Kieler Institut für Weltwirtschaft warnte hingegen davor, dass die Steuer nicht dazu tauge, kommende Finanzkrisen abzuwenden. Nunnenkamp plädierte dafür, sich erst einmal klar zu werden, welches Ziel mit der Devisensteuer erreicht werden solle.
HANNES KOCH