: Wirren um den Wasserturm
Anwalt der Gegner eines Wasserturm-Hotels, Andreas Beuth, wirft dem Staatsschutz Täuschung des Ermittlungsrichters vor, um den Widerstand zu kriminalisieren. Mit dem „Konstrukt“ der „kriminellen Vereinigung“ sollte Szene ausgeforscht werden
Von Kai von Appen
In den Ermittlungen gegen vermeintliche Beteiligte der Farbanschläge auf Nobelhotels in Hamburg soll der Staatsschutz des Hamburger Landeskriminalamtes (LKA 8) dem Ermittlungsrichter falsche Erkenntnisse vorgelegt haben. Dadurch sollten eigentlich unzulässige polizeiliche Maßnahmen und die am Mittwoch vorgenommenen Durchsuchungen in Hamburg richterlich abgesegnet werden. Das behauptet der Anwalt der GegnerInnen eines Mövenpick-Hotels im Schanzenpark-Wasserturm, Andreas Beuth: „Es handelt sich in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht um ein Konstrukt.“
Beuth hat dazu zwei Bekennerschreiben ausgewertet, die ihm zugänglich gemacht worden waren. Ein Schreiben zu den Hamburger Aktionen war an die Hamburger Morgenpost, eines zu einem Vorfall in Lübeck an die taz hamburg gegangen. „Dass es zwei Erklärungen gibt, macht keinen Sinn, wenn beide Anschläge von derselben Gruppe zur selben Thematik verübt worden sein sollen“, erläutert Szene-Kenner Beuth. „Bereits beim oberflächlichen Hinsehen kann jeder erkennen – ohne Jurist oder Kriminologe zu sein –, dass beide Schreiben miteinander nichts zu tun haben.“
Der Brief an die Mopo befasst sich mit drei zeitgleich verübten Farbanschlägen auf das Bezirksamt Eimsbüttel, das für die Baugenehmigung zuständig ist, auf das Hotel Jacobs sowie auf das Haus des Bankiers und Patrizia-Aufsichtsratsmitglieds Harald Boberg; außerdem mit dem Brandanschlag auf eine Garage für Elektrocars am Lemsahler Marriot-Treudelberg-Hotel.
Das an die taz gerichtete Schreiben bekennt sich zur Aktion gegen das Mövenpick-Hotel in Lübeck, bei dem zwei Scheiben eingeworfen sowie die Fassade mit Farbe beschmiert worden waren; dabei waren zwei Hamburger Jugendliche festgenommen worden. „Es ist eindeutig zu erkennen, dass es sich um voneinander unabhängige Aktionen in Lübeck und Hamburg gehandelt hat“, meint Beuth. Sein Vorwurf: „Die unterschiedlichen Aktionen verschiedener Gruppen werden wider besseren Wissens willkürlich zusammengefasst und vom Staatsschutz allen Beschuldigten pauschal zugeschrieben.“
Und das habe durchaus System: Denn die beiden mutmaßlichen Beteiligten der Lübecker Sachbeschädigung waren erkennungsdienstlich (ED) behandelt worden. „Bei den in Hamburg durchgeführten Aktionen kann der Staatsschutz keinerlei Ergebnisse vorweisen, sondern tappt völlig im Dunkeln“, so Beuth. Deshalb habe der Staatsschutz und die Staatsanwaltschaft „in unzulässiger Weise“ versucht, die Lübecker Aktion vom 3. März mit den Anschlägen vom 4. März in Hamburg „zu verknüpfen“, demselben Täterkreis zuzuschreiben, um daraus die „Bildung einer Kriminellen Vereinigung“ (§129 StGB) „zu basteln“.
Durch dieses Instrument konnten die LKA-Fahnder erwirken, dass die Ermittlungen auf die beiden ED-Behandelten aus Lübeck erweitert werden konnten und durch Observationen und Telefonüberwachung auf den Bekanntenkreis ausgedehnt wurden. „Die Durchsuchungen und Festnahmen vom Mittwoch beziehen sich nur auf die Aktion in Lübeck, die Erlaubnis zur Abnahme von DNA-Material auf de Tatbestand des Paragraphen 129“, sagt Beuth: „Für eine Tatbeteiligung an den nächtlichen Aktionen in Hamburg gibt es nicht die geringsten Anhaltspunkte.“ Beuths Resümee: „Trotz dieser weit reichenden Ermittlungsmöglichkeiten kommen die Kriminalisierungsversuche einem Schlag ins Wasser gleich.“