: Der Durchbruch bleibt aus
KLIMAVERHANDLUNGEN Die G-8-Staaten wollen CO2-Ausstoß bis 2050 um 80 Prozent reduzieren. Schwellenländer sollen dafür mit 30 Prozent nachziehen. Zu vage, findet Greenpeace
AUS L’AQUILA FELIX LEE
Die G-8-Staaten haben sich bei ihrem Treffen in L’Aquila neben der Anerkennung des 2-Grad-Ziels auch erstmals zu einer konkreten Zahl bekannt: Um bis zur Hälfte wollen sie den Ausstoß von CO2 bis 2050 reduzieren. Von einem Durchbruch kann dennoch keine Rede sein.
Wie die G-8-Vertreter selbst zugeben, hängen ihre Zusagen davon ab, ob es zu einer Einigung mit den Schwellenländern kommt. Und mit ihnen gäbe es bei der Frage des Emissionsausstoßes noch keine Einigung. Bis Redaktionsschluss tagten die G-8-Länder noch im Rahmen der sogenannten Major Economy Forum (MEF), zu denen neben den G-8-Staaten auch die fünf großen Schwellenländer China, Indien, Brasilien, Südafrika und Mexiko (G 5) gehören, sowie Ägypten, Australien, Indonesien und Südkorea.
Wie Verhandlungsführer aus den Vorberatungen berichten, hätten Länder wie China und Indien wohl anerkannt, dass die Erderwärmung bis zum Ende des Jahrhunderts nicht mehr als 2 Grad gegenüber dem vorindustriellen Zeitalter steigen dürfe, mit welchen Konsequenzen, das blieb aber offen. Wenige Stunden vor Abschluss der Verhandlungen sah es ganz danach aus, dass sich die Schwellenländer auf konkrete Minderungsziele nicht einlassen würden. Das von Klimaschützern erhoffte Signal von L’Aquila an die UN-Konferenz in Kopenhagen, wo Ende Dezember ein neues Klimaabkommen auf den Weg gebracht werden soll, bleibt damit aus.
Anders als noch im vergangenen Jahr beim G-8-Gipfel in Japan sind die G-8-Staaten mit deutlich größeren Zugeständnissen in die Verhandlungen mit den Schwellenländern getreten. Dies lag nicht zuletzt an der Haltung der USA, die mit dem neuen Präsidenten Barack Obama ihre Haltung zum Klimaschutz radikal geändert haben. So boten die Industriestaaten an, bis 2050 ihre Treibhausgasemissionen um 80 Prozent zu reduzieren, wenn sich die Schwellenländer auf eine Minderung ihres Ausstoßes um 30 Prozent einlassen. In Toyako waren insbesondere die USA noch zu keinen konkreten Werten bereit. Beobachter mutmaßen, dass einige G-8-Länder wie Russland oder Italien sich nur auf die 80 Prozent eingelassen haben, weil sie ohnehin mit keiner Einigung mit den Schwellenländern rechnen.
Greenpeace hält das Angebot der Industriestaaten insgesamt für viel zu vage. Die Umweltschutzorganisation vermisst, dass auch beim Angebot der G 8 kein Basisjahr festgelegt wurde, an dem die CO2-Minderung gemessen werden soll. Dies sei „der Pferdefuß des Dokuments“, kritisierte Greenpeace-Klimaschutz-Experte Tobias Münchmeyer. Auch das globalisierungskritische Netzwerk Attac äußerte sich skeptisch. „Es ist einfach, Versprechen für das Jahr 2050 zu machen, ohne konkrete Zwischenziele für deren Erreichen festzulegen“, sagte Jutta Sundermann vom Attac-Koordinierungskreis. Entscheidend für das Klima sei, wie die jeweils nationale Energiepolitik aussehe – und da werde weiterhin vor allem auf fossile Energien gesetzt. Greenpeace forderte die Industriestaaten auf, die Treibhausgasemissionen bis 2020 um 40 Prozent zu reduzieren, und zwar orientiert am Jahr 1990.
Bei den Schwellenländern sehen die Umweltschützer durchaus Fortschritte. So bescheinigt die Umweltstiftung World Wide Funds for Nature (WWF) den G-5-Ländern, dass sie sich bemühen, den Anstieg der Emissionen künftig zu begrenzen. Alle Länder hätten inzwischen nationale Strategien zur Emissionssenkung vorgelegt oder seien dabei. Die detailliertesten Pläne wurden bislang von Südafrika und und Mexiko vorgelegt, die eine Senkung zwischen 30 und 50 Prozent bis 2050 vorsehen. Auch die beiden in naher Zukunft größten Verursacher von Treibhausgas, China und Indien, streben an, ihren Energieaufwand relativ zum Bruttoinlandsprodukt in den nächsten fünf bis neun Jahren um 20 Prozent zu senken.
Beim G-8-Gipfel selbst bleibt China dabei, dass die Industrieländer mit der Umsetzung beginnen müssen. Solange der US-Kongress kein Gesetz zur Emissionsminderung verabschiedet hat, blieben Erklärungen Lippenbekenntnisse, sagte der chinesische Klimabeauftragte Su Wei. Das Signal für Kopenhagen müsse von Washington ausgehen.