Stolpe will noch mehr Hamster killen

Regierung plant neues Beschleunigungsgesetz: Es soll Bau von Autobahnen vereinfachen, indem es ökologische Einwände erschwert. Auch sollen Straßen verstärkt von privaten Investoren finanziert werden. In deren Kasse fließt dann auch die Maut

von KATHARINA KOUFEN

Verkehrsminister Manfred Stolpe will künftig ein flotteres Tempo beim Bau von Autobahnen hinlegen. Per Gesetz möchte der SPD-Politiker das Bau- und Planungsrecht vereinfachen. Dass dies auf Kosten des Umweltschutzes gehen wird, liegt dabei offenbar im Sinne des SPD-Politikers. „Verzögerungstaktiken durch Umweltverbände darf es nicht mehr geben“, sagte Stolpe der Bild am Sonntag. „Das plötzliche Auffinden von Hamstern, um begonnene Bauvorhaben zu blockieren, wird nicht mehr möglich sein.“

Derzeit können Umweltschützer Bauvorhaben aufhalten, indem sie Widerspruch anmelden –ein unhaltbarer Zustand, wie man ihn nur in Deutschland findet, meint Stolpe. Künftig sollen ökologische Bedenken gegen den Bau einer Autobahn oder einer Umgehungsstraße nur noch zehn Wochen lang zugelassen werden – danach ist Schluss. Vorarbeiten und Ausschreibungen sollen auch während einer Klage möglich sein. Bereits genehmigte Planfeststellungsbeschlüsse können nicht mehr nach fünf Jahren verfallen.

Bundeskanzler Gerhard Schröder hatte das „Beschleunigungsgesetz“ vergangene Woche in seiner Regierungserklärung angekündigt. Noch vor der Sommerpause soll es in den Bundestag eingebracht werden. Tritt es in Kraft, verringerten sich die Planungszeiten um ein Drittel, sagt Stolpe. Im Umweltministerium hieß es gestern, man werde sich dafür einsetzen, „dass es keine materielle Verschlechterung beim Schutz der Umwelt gibt“.

Allerdings werden Bauvorhaben des Verkehrsministeriums weniger durch zu hohe Umweltauflagen gefährdet, als vielmehr durch zu knappe Kassen. Auch diese Bremse will Stolpe lockern: Künftig sollen Autobahnen verstärkt privat finanziert werden. Er habe dem Ausbau und Betrieb zweier Autobahnen durch Privatinvestoren bereits zugestimmt, sagte der Minister. Weitere drei „Pilotprojekte“ mit einem Umfang von einer Milliarde Euro sollen dieses Jahr gestartet werden. „Das sichert gut 30.000 Arbeitsplätze“, so Stolpe. Dazu gehört die Autobahn A 8 zwischen Augsburg und München, die von vier auf sechs Spuren erweitert wird. Außerdem kündigte der Minister den Ausbau der A 4 in Thüringen an.

Ein privater Investor soll nicht nur den Ausbau der Fahrspuren finanzieren, sondern auch den Autobahnabschnitt mindestens 30 Jahre lang betreiben und dafür die Einnahmen der Lkw-Maut erhalten. Der Staat steuert eine Anschubfinanzierung bei. Darüber hinaus rechnen Verkehrsexperten fest mit der Einführung einer Maut für Pkw in absehbarer Zeit. Auch diese Einnahme käme dem Investor zugute.

Die Pläne klingen ganz so, als habe der Minister eine frisch sprudelnde, neue Geldquelle gefunden. Doch so einfach war die private Finanzierung von staatlicher Infrastruktur bisher allerdings nicht: Die Bundesstraße 31 in Freiburg etwa ist von privaten Investoren lediglich vorfinanziert worden – die Kosten kommen auf den Staat erst noch zu, wenn er das investierte Kapital zurückzahlen muss. Inklusive Zinsen. Das hilft zwar heute beim Einhalten des Stabilitätspakts, belastet aber den Haushalt von morgen.

Und selbst wenn Stolpe nun von einem neuen Modell spricht, bei dem die Straßennutzer, also Auto- und Lastwagenfahrer, via Gebühr den Investor entschädigen, bleibt die Frage, wer das Betriebsrisiko trägt. „Annahmen über 30 Jahre sind immer riskant“, warnt der Verkehrswissenschaftler Gottfried Ilgmann. Was passiert, wenn die Bevölkerung so stark schrumpft, dass weniger Straßen benötigt werden? „Da findet man überhaupt nur einen Investor, wenn der Staat das Betriebsrisiko übernimmt.“