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Archiv-Artikel

Kollateralschaden auf Schalke

Schalke und Mainz streiten sich öffentlich um die Ablöse für den Spieler Mimoun Azaouagh. Wegen dessen Verletzung will Schalke nicht zahlen. Manager Rudi Assauer macht eine unglückliche Figur

Assauer scheint den Imagevorsprung ziemlich leichtfertig zu verspielen

VON DANIEL THEWELEIT

Wenn sich die Funktionäre von Schalke 04 und Mainz 05 begegnen, treffen Welten aufeinander. Hier Rudi Assauer, einer der letzten Manager-Dinosaurier, großer Charismatiker, seit über einem Vierteljahrhundert im Geschäft, und dort Christan Heidel, Neuling in der Bundesliga, und Vertreter einer neuen, jungen und fachlich gut ausgebildeten Manager-Generation. Die beiden Klubs tragen gegenwärtig den lautesten Streit dieser Bundesligasaison aus, der immer bizarrere Züge annimmt, und am Wochenende ganz im Sinne der großen allumfassenden Bundesligashow live auf Premiere und im Aktuellen Sportstudio präsentiert wurde. Es geht um den Vereinswechsel von Mimoun Azaouagh, einem großen Talent mit lädiertem Knie, das in der Winterpause von Mainz nach Gelsenkirchen transferiert wurde.

Die Geschichte geht so: Es gibt einen Vertrag, der vorsieht, dass Schalke 600.000 Euro Ablöse für den offensiven Mittelfeldspieler zahlt, und weitere 350.000 wenn der Klub die Champions League erreicht. Plus zusätzlicher Prämien je Einsatz im laufenden Jahr. Die Schalker bestreiten die Gültigkeit des Vertrages, da Heidel angeblich ein „Ehrenwort“ gegeben habe, dass „neu über die Ablöse verhandelt“ werde, falls sich die Knieverletzung als schwerer erweise als zunächst angenommen. Das behauptet jedenfalls Aussauer. Heidel sagt, „ich weiß nicht, wann dieses so genannte Ehrenwort gewesen sein soll“, und beharrt auf Zahlung der vereinbarten Ablöse. Mittlerweile haben die Schalker den Mainzern durch einen Brief ihres Anwalts „arglistige Täuschung“ über die Schwere der Verletzung vorgeworfen. Für den Mainzer Präsidenten Harald Strutz ist dies eine Verleumdung, ein „Betrugsvorwurf“, also „strafrechtlich relevant“.

Gut möglich, dass diese hässliche Fehde vor Gericht endet. Obwohl der Gelsenkirchener Finanzvorstand Josef Schnusenberg irgendwann am späten Sonntagabend, nachdem die Mainzer das Duell auf dem Platz mit 2:1 gewonnen, beide Seiten sich wie beleidigte Kinder gemieden und über Dritte beschimpft hatten, das Angebot formulierte, „sich in einem Gespräch zusammen zu setzen und die Sache aus der Welt zu schaffen“. Dem mit Paragraphen vertrauten Steuerberater schwante wohl irgendwann, dass Assauers Gerede vom Ehrenwort vor Gericht unterlegen sein wird gegen die unterschriebenen Verträge, die die Mainzer zur Demonstration des eigenen Rechts schon jetzt fleißig in den Medien herumreichen. „Herr Heidel ist noch nicht so lange im Geschäft, bei mir ist es so, dass ich hin und wieder Dinge mache unter Kollegen, wo ich sage, Okay, Hand drauf, und die Geschichte läuft“, hält Assauer den schriftlichen Abmachungen uneinsichtig, leicht beleidigt und offensichtlich ein wenig überheblich entgegen.

Dabei hatte Assauer noch vor zehn Tagen voller weiser Besonnenheit alle Provokationen aus München vom Hauptkonkurrenten um die Meisterschaft pariert. Um die Ruhe und die Harmonie der Mannschaft nicht zu stören, so hatten es jedenfalls wohl meinende Beobachter vermutet. Jetzt, eine Woche später, wirkt der Manager nicht mehr souverän und auch ein wenig unseriös mit seinen altmodischen Managermethoden. Schalke gilt als hoch attraktiver Klub, bei dem Spieler wie Fabian Ernst gar eine bessere sportliche Perspektive wähnen als bei Bayern München. Jetzt scheint der Manager diesen Imagevorsprung ziemlich leichtfertig zu verspielen.

Denn es ist relativ klar, das Schalke etwas zu voreilig eine Bescheinigung über die sportliche Tauglichkeit von Mimoun Azaouagh unterzeichnet hat, die Vorraussetzung für die Gültigkeit der Vereinbarung zwischen Schalke und Mainz war. Am 19. Januar unterschrieben die Schalker dieses Papier, Assauer behauptet, das sei nötig gewesen, um den „Spieler von der Straße zu holen“. Denn der durfte wegen des aggressiven Vorgehens seines Managers Klaus Gerster ohnehin nicht mehr bei Mainz spielen. Die Transferperiode endete aber erst am 31. Januar, mindestens bis zu diesem Tag hätte man noch Zeit gehabt, das Knie des 22-Jährigen genauer zu untersuchen. Mittlerweile musste es ein zweites Mal operiert werden, angeblich liegt die Gefahr eine Sportinvalidität bei über 50 Prozent. Mainz-Präsident Strutz fasste die ganze Posse so zusammen: „Das ist kein Problem zwischen Mainz und Schalke, das ist ein Problem von Herrn Assauer“. Zweifelsohne kann das zutreffen, wenn es im Meisterschaftsrennen um die viel beschworenen Kleinigkeiten geht, zu denen auch solche Stürme durch die Paragraphenwälder der geschriebenen und ungeschriebenen Gesetze des Fußballs gehören. „Assauer schadet Schalke“, sagte Strutz am Sonntag. Glücklich sah er dabei nicht aus.