: Die schwarze Prinzessin
FARBENLEHRE Schon lange vor seinem Starttermin im Dezember löst ein Animationsfilm des Disney-Studios unter Kritikern eine Kontroverse aus
Der Zeichentrickfilm „The Princess and the Frog“ (Die Prinzessin und der Frosch) läuft erst im Dezember in den USA an, aber in den US-amerikanischen Medien stiftet er schon jetzt Aufregung. Zum ersten Mal bringt Disney eine schwarze Prinzessin auf die Leinwand. Der Auftritt von Tiana, die in einem ersten Trailer mit klassischer Hochsteckfrisur, Diadem und grüner Robe zu sehen ist, wird von Kulturhistorikern als Meilenstein in der nationalen Ikonografie erachtet – und erscheint als passender Abschluss eines Jahres, in dem erstmals eine afroamerikanische Familie ins Weiße Haus einzog.
Doch obwohl noch kaum jemand Filmmaterial gesehen hat, sind einige Kritiker überzeugt, dass der Animationsfilm alte Vorurteile über Afroamerikaner bediene.
So erregte sich Angela Bronner Helm auf der Webseite www.blackvoices.com über die relativ helle Hautfarbe des Prinzen: „Obwohl ein lebensechter schwarzer Mann mit einer schwarzen Ehefrau das höchste Amt im Staat innehat, hält Disney offenbar einen schwarzen Mann des Titels eines Prinzen nicht für würdig.“
Schöner Mann mit markantem Kinn
Dies löse bei vielen Afroamerikanern Verwirrung und Zorn aus. Laut Disney ist Prinz Naveen kein Schwarzer, aber auch „nicht weiß“. Der schöne Mann mit dem markanten Kinn kommt aus dem fiktiven Land Maldonia, seine Stimme stammt von einem brasilianischen Schauspieler.
In einigen Punkten hat der Konzern sich bereits den Einwänden von Kritikern gebeugt. So hieß Prinzessin Tiana ursprünglich Maddy, kurz für Madeleine, doch dies empfanden einige als „Sklavenname“. Gerüchten zufolge änderte Disney aus ähnlichen Gründen auch ihren Beruf: Statt als Dienstmagd arbeitet die junge Frau nun als Kellnerin.
Andere Kritikpunkte betreffen die Wahl von New Orleans als Ort der Handlung – 2005 wütete dort der Hurrikan „Katrina“, viele Schwarze wurden obdachlos – sowie den Akzent des Glühwürmchens Ray: Zwar hilft der lustige Gesell Tiana auf der Suche nach einem Heilmittel, als diese sich unfreiwillig in einen Frosch verwandelt hat, doch klingt er dabei in den Ohren einiger Kommentatoren zu sehr wie ein „ungebildeter Südstaatler“.
Um den Kritiken gerecht zu werden, suchte Disney bei der einflussreichen schwarzen Bürgerrechtsorganisation NAACP sowie bei prominenten Afroamerikanern wie Oprah Winfrey um Rat nach. An Problembewusstsein dürfte es im Unternehmen im Übrigen schon deshalb nicht mangeln, weil die Auseinandersetzung mit Rassismus-Vorwürfen nichts Neues ist: In „Dumbo“ etwa verkörperten die ungebildeten Raben mit ihren Strohhüten nach Meinung von Kritikern rassistische Stereotype. Und natürlich stecken auch finanzielle Interessen hinter Disneys Anstrengungen.
Die acht Prinzessinnenfilme, darunter „Die kleine Meerjungfrau“, „Aladdin“ und „Die Schöne und das Biest“, gehören zu den größten Verkaufsschlagern des Konzerns. Zuletzt spielten „Mulan“ (1998) und „Pocahontas“ (1995) jeweils über 300 Millionen Dollar ein. Mit Spielzeug, Kostümen und anderen Merchandisingprodukten der Prinzessinnen-Linie verdiente Disney nach eigenen Angaben im vergangenen Jahr über 4 Milliarden US-Dollar.
Ob „The Princess and the Frog“ an die früheren Erfolge heranreichen kann? Nach den Kommentaren zu einem Youtube-Video über die Kontroverse zu urteilen (www.youtube.com/watch?v=ZzzlIO6OHU0), stören sich die meisten zumindest nicht an der Hautfarbe des Prinzen. Dort scheint sich vielmehr ein Konsens herauszubilden, dass der junge Mann hispanischer Herkunft sei – und dass er und Prinzessin Tiana ein hübsches Paar bilden. BIANCA SCHROEDER