: Opernplatz soll sauber bleiben
ORDNUNGSLIEBE Hannover verbietet allzu jugendliches Treiben im Stadtzentrum – auch unter Hinweis auf das dortige Holocaust-Denkmal. Das überzeugt allerdings nicht jeden
VON MICHAEL QUASTHOFF
Für Skateboarder und BMX-Fahrer ist kein Platz mehr vor Hannovers Oper. Vergangenen Freitag verfügte die Stadt ein Verbot, das auch das Grillen und Übernachten auf der 5.600 Quadratmeter großen Fläche untersagt. Das Areal zwischen Kröpke, Oper, Börse und dem Holocaust-Denkmal ist ein beliebter Treffpunkt für Jugendliche. In letzter Zeit war es zu Beschwerden über Alkoholkonsum, Verschmutzung und Vandalismus gekommen. Die Reaktion der Verwaltung ist allerdings umstritten.
Treffpunkt ist das Terrain neben dem Denkmal: Hannovers Punks entdeckten es für sich, als sie im Jahr 2000, zu Zeiten der Expo, andernorts vertrieben wurden. Später ließ sich hier das ganze Spektrum der Jugendkulturen begutachten: Grufties, Alternative und Normalos, Anrainer und Landeier. Eine Attraktion waren stets die Skater und BMX-Fahrer, die für ihre Kunststücke gern die Treppenstufen vor der Oper nutzen, aber auch schon mal über des Sandstein der Gedenkstätte schrammten.
Das 1994 erbaute Mahnmal trägt die Namen von rund 2000 deportierten und ermordeten jüdischen Bürgern. Der Schaden war natürlich nicht tolerabel. Als unschön wurde seitens der Verwaltung auch empfunden, dass dann und wann Bierflaschen zu Bruch gingen und Unbekannte in den Rabatten oder an der Wand des Kunsttempels ihre Notdurft verrichteten.
Richtig pingelig wurde die Stadt aber erst, nachdem sie vor drei Wochen den Opernplatz – der inzwischen Rathenauplatz heißt – nach monatelanger Umgestaltung der Öffentlichkeit übergeben hatte. Für 1,3 Millionen Euro hatte man da eine Steinwüste neu bepflastern lasen, spärlich garniert mit sargförmigen Beeten und einem Flecken Rollrasen, daneben akkurat beschnittene Eiben.
Fortan reichten die Beschwerden von Passanten und Brotzeitlern, die mittags aus den umliegenden Geldhäusern und Verwaltungen auf die neuen Parkbänke streben: Zunächst gab es verschärfte Polizeikontrollen – um, wie es hieß, sicherzustellen, dass keine Minderjährigen zur Flasche greifen. Dann kamen Streetworker. Zuletzt rückte die Straßenreinigung an und prüfte, ob eine tägliche Säuberung notwendig wäre.
„Wir haben uns die Situation angeguckt und gesehen: So kann es nicht weitergehen“, sagt Stadtsprecher Klaus Helmer. Der OB sekundiert staatsmännisch: „Die Plätze stehen allen Personengruppen offen, aber keiner darf die Rechte des anderen verletzen.“ Und, an die Adresse der Skater: „Vor allem die Würde des Holocaust-Mahnmals muss gewahrt bleiben.“
Die Ratsfraktionen allerdings sind in der Verbotsfrage zerstritten: SPD und FDP unterstützen den harten Kurs. CDU, Grüne und die Linke plädieren erst einmal für Gespräche. Verhandlungen zwischen Anrainern und Skatern haben schon am Küchengarten im Stadtteil Linden zu einem tragfähigen Kompromiss geführt. Es wäre den viel bestaunten Sportlern auch vor der Oper zu gönnen: Denn glaubt man einschlägigen Internetseiten, gibt es „einfach keinen Platz in der Stadt, wo Skater besser fahren, sich entspannen oder sich treffen können“.