: Verleumden, verdächtigen, verklagen
Grabenkämpfe in Hamburgs CDU immer härter: Abgeordneter Warnholz verklagt Fraktionskollegen Claußen und tritt als Chef des Innenausschusses zurück. Parteifreund erhebt schwere Vorwürfe gegen Unions-Clans sowie Partei- und Fraktionsspitze
Von Sven-Michael Veit
Die Stammesfehden in der Wandsbeker CDU haben eine neue Stufe der Eskalation erreicht: Der Bürgerschaftsabgeordnete Karl-Heinz Warnholz hat gestern eine Strafanzeige wegen Verleumdung und falscher Verdächtigung gegen seinen Fraktionskollegen Bruno Claußen angekündigt. Zudem erklärte er am Nachmittag, sein Amt als Vorsitzender des Innenausschusses der Bürgerschaft vorerst „ruhen zu lassen“.
Entschärft ist die prekäre Situation für die regierenden Christdemokraten damit allerdings keineswegs: Nicht einmal von einem Burgfrieden zwischen den vier Hauptakteuren aus Hamburgs wildem Osten kann die Rede sein, von professionellem Krisenmanagement der Partei- und Fraktionsspitze ebenfalls nicht. Diese hätten „viel früher disziplinieren und moderieren müssen“, sagt ein intimer Kenner der Wandsbeker CDU-Verhältnisse im vertraulichen Gespräch mit der taz. Die Streitigkeiten seien „sehr tief greifend, die Missstimmung ist enorm groß“ in Parteikreis und Fraktion, weiß das langjährige Parteimitglied zu berichten.
Die erbitterten Grabenkämpfe in Wandsbek hatten sich vorige Woche entzündet, weil die Geschäftsführerin der Bezirksfraktion, Natalie Hochheim, von der neuen Fraktionsführung entlassen wurde, obwohl sie im fünften Monat schwanger und arbeitsrechtlich im Mutterschutz ist. Der Bürgerschaftsabgeordneten und Vize-Kreischefin und ihrem Ehemann Ralf Niedmers, ebenfalls Abgeordneter und einflussreicher Vorsitzender des Haushaltsausschusses der Bürgerschaft, sagen Parteifreunde einen „karrierebewussten und ruppigen Führungsstil“ nach.
Als ihr Intimfeind gilt Warnholz, ebenfalls stellvertretender Kreisvorsitzender. Diesem wird nunmehr vom Abgeordneten Bruno Claußen, Intimus von Hochheim und Niedmers, ein Bestechungsversuch vorgeworfen: Warnholz habe ihm im Dezember eine Beförderung in Aussicht gestellt, behauptet der Polizeibeamte, falls er den geplanten Einsparungen bei der Hamburger Polizei zustimme. Claußen hatte seinerzeit angekündigt, gegen Senat und eigene Fraktion zu votieren – und tat dies auch. In seiner Vernehmung vor der Staatsanwaltschaft, die ein Vorermittlungsverfahren wegen des Verdachts der versuchten Bestechung eines Volksvertreters eingeleitet hat, hatte er am Montag seine Vorwürfe gegen Warnholz bekräftigt. Dieser, seit gestern aus dem Teneriffa-Urlaub zurück, warf den Stein sogleich zurück. Mit seiner Klage gegen Claußen dürfte er eine langwierige juristische Auseinandersetzung auslösen.
Zuvor hatte gestern Vormittag im Ältestenrat der Bürgerschaft die Opposition „eine politische Lösung“ gefordert, um „das Ansehen des Parlaments nicht zu gefährden“. Warnholz und auch Claußen müssten, verlangten die rot-grünen FraktionschefInnen Michael Neumann und Christa Goetsch, ihre Ämter im Innenausschuss ruhen lassen, der am Dienstag seine Beratungen über das neue Polizeigesetz aufnimmt. Neumann bot sogar „eine goldene Brücke“ an: Rücktritte würden von der SPD „nicht öffentlich als Schuldeingeständnis bewertet“. CDU-Fraktionschef Bernd Reinert lehnte das jedoch ab, denn gut Ding brauche bekanntlich Weile.
Am Nachmittag dann folgte der Verzicht von Warnholz. „Honorig“ findet das Reinert, Goetsch nennt es „überfällig“ und Neumann „zwangsläufig“. Von einer Aufklärung der Vorgänge könne aber nicht gesprochen werden, wenn Claußen im Amt bleibe.
Auch der Wandsbeker Christdemokrat, der gegenüber der taz aus dem Nähkästchen plauderte, bewertet das als „halbherzig“. Ihm sei „vollkommen unklar, wie in diesem Klima von Intrigen und Rivalitäten“ Fraktion und Bürgerschaft weiterarbeiten könnten.