: Fassade kommt unter den Hammer
Neue Souvenirs für Anhänger der sozialistischen Moderne: Die Aluminiumwaben, die bislang die Fassade des Kaufhofs am Alex zierten, gehen nicht zum Schrotthändler. Sie werden versteigert. Damit hat sich eine Architekten-Initiative durchgesetzt
von UWE RADA
Die Fans der sozialistischen Moderne können aufatmen. Zwar gelang es nicht, das Centrum Warenhaus, alias Galeria Kaufhof vor seinem Umbau zum postmodernen Warentempel zu verhindern. Die Aluminiumwaben, die der Fassade des alten Kaufhauses und damit dem Alex selbst ein unverwechselbares Äußeres verliehen, gehen aber nicht zum Schrotthändler. Zumindest nicht alle, wie gestern Kaufhof-Geschäftsführer Detlef Steffens bestätigte. 400 von ihnen sollen am 30. April auf dem Alexanderplatz versteigert werden.
Dass es dazu kommt, ist unter anderem Tilman Weitz zu verdanken. Als die Pläne für den Kaufhofausbau bekannt geworden waren, war Weitz klar: Jetzt geht es den Waben an den Kragen. Zusammen mit ein paar Architekten hat er deshalb das „Atelier für alles“ gegründet. Sein Ziel: die Kaufhoffassade zu erhalten, wenn auch in 4.500 Einzelteilen. So viele Waben nämlich gibt es am Alex und so viele Waben wollten Weitz und Co. Unter die Leute bringen.
Das Problem war nur: Der Kaufhof spielte nicht mit. „Anfangs gab es eine mündliche Zusage von Steffens, dass wir die Waben bekommen, doch dann wusste er plötzlich nichts mehr davon.“ Steffens wiederum sagt, die Künstler hätten noch nicht einmal bei ihm nachgefragt. Sogar die Justiz wurde eingeschaltet. Aus der Berliner Wabenrettung war der Berliner Wabenkrieg geworden.
Warum nun der plötzliche Umschwung, weiß auch Tilman Weitz nicht. Der Kaufhof sagt, noch nie sei daran gedacht gewesen, alle Waben zu verschrotten. In der Tat hatten sich Kaufhof und das Bezirksamt Mitte bald darauf geeinigt, 400 Aluwaben an der Brücke zwischen Kaufhaus und Forum-Hotel anzubringen. Ein glatter Fake zwar, aber es wäre ja nicht der erste in Fake-Mitte. Inzwischen aber war das angelaufen, was man im Buchhandel so unliterarisch Subskription nennt. Auf den Aufruf des „Ateliers für alles“, die Waben zu ersteigern, hatten sich über 600 Interessenten gemeldet – für insgesamt 2.200 Fassadenelemente. Klar also, dass für Tilman Weitz die Zeichen noch nicht ganz auf Frieden stehen. 400 Fakefassaden und 400 auf der Versteigerung, „das ist einfach zu wenig“.
Aber da ist wohl nichts mehr zu machen. Die meisten Fassadenteile sind abgerissen, nicht fachmännisch, Wabe für Wabe, sondern flächig. Beim Aluhändler bekommt der Kaufhof dafür einen Euro pro Kilo, bei der fachmännischen Montage hätte er draufzahlen müssen. Da half es auch nicht, dass das „Atelier für alles“ angeboten hatte, die Wabenlagerung auf eigene Kosten zu organisieren. Auch der Wabenkrieg kennt seine Ökonomie.
Und nun? „Wir werden am 30. April natürlich alle auf den Alex gehen“, sagt Weitz. Zehn Euro soll der Mindestpreis sein, da will Weitz noch mitbieten. Aber die teuren Waben, die, auf denen die Spieler von Hertha oder Alba unterschrieben haben, meint er, werde er sich wohl nicht leisten können. Die Teuerwaben sind Benefizwaben. Der Erlös der Versteigerung, kündigte Kaufhof-Chef Steffens an, gehe als Spende an die Kinderkrebsklinik in Buch.
Ist der Krieg dann zu Ende? Tilman Weitz hat sich tatsächlich schon auf die Nachkriegszeit eingestellt. Ist ja auch nicht alles umsonst gewesen. 400 Waben werden unterm Volk sein, und der Charme des Alex nicht vergessen. Auch in Zukunft nicht. „Wir planen, den Weg jeder Wabe genau zu verfolgen.“