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Archiv-Artikel

„Das ist kein Selbstläufer“

Der Stadtplaner Dirk Schubert über die künftigen Bewohner der Hafencity, warum man im Hafen von Göteborg besser lebt und was die Hafencity für Hamburg bedeutet

Herr Schubert, welchen Reiz hat die Hafencity für neue Bewohner?

Zur Zielgruppe gehören weniger Familien, sondern eher Singles: Yuppies, die dort möglicherweise arbeiten, die auf urbanere Strukturen Wert legen und nicht unbedingt eine familiengerechte Infrastruktur mit Spielplätzen und Kindergärten haben wollen.

Entsteht hier also ein Reichenghetto?

Reichenghetto ist vielleicht etwas zu viel gesagt. Aber wenn man das Ziel ernst nehmen will, das der Bürgermeister Ole von Beust verkündet hat, wenn die Hafencity ein Stadtteil für alle Hamburger werden soll, dann muss auch sozialer Wohnungsbau vorgesehen sein. Diese Forderung habe ich von Anfang an gestellt. Bis jetzt hat sich aber die Stadt Hamburg nicht explizit dafür entschieden.

Gibt es internationale Hafenumnutzungsprojekte, in denen die Sozialmischung gelungen ist?

In Nörra Alvstranden in Göteborg hat man Vorkehrungen für Wohnungen mit günstigeren Mieten getroffen: Der Staat übernahm die Werften, die Kommune erhielt Grundstücke geschenkt. Das war aber besonderen Umständen zu verdanken: der schwedischen Sozialstaatstradition, einer besonderen Planungskultur und der Tatsache, dass das Areal direkt gegenüber der Innenstadt liegt.

Welche Vorbilder gibt es für die Hamburger Hafencity?

Sicherlich lässt sich von vielen anderen Projekten dieser Art ableiten, dass man an solch ein Planungsverfahren mit einem Masterplan herangehen und nutzungsgemischte Strukturen vorsehen sollte. In der Londoner Canary Wharf wurden zum Beispiel ausschließlich Büros gebaut. Es gab ein Überangebot an Büroimmobilien, so dass das Projekt eine lange Durststrecke hatte.

Welche Auswirkung könnte die Hafencity auf das Hamburger Stadtgebiet haben?

Auf dem Wohnungsmarkt könnte eine Konkurrenz mit anderen hochpreisigen Angeboten entstehen. Auf dem Büroflächenmarkt sieht es ein bisschen anders aus. Wir haben derzeit in Hamburg schon um die sieben Prozent Leerstand bei Büroflächen. Hier wird man darauf achten müssen, ob die neuen Büroflächen in der Hafencity gut vermietet und verkauft werden oder ob man gegebenenfalls später den Büroflächenanteil noch aufstocken oder aber zurückfahren muss.

Gibt es eigentlich genügend vermögende Menschen, die in der Hafencity wohnen wollen?

Die Hamburger Politik hat sich das Leitbild von der „Wachsenden Stadt“ auf die Fahnen geschrieben. Möglicherweise kommen Zuwanderer nach Hamburg, die zu den Besserverdienenden gehören, und es ist gut vorstellbar, dass sie in die Hafencity ziehen. Das werden sich die Immobilienentwickler ganz genau anschauen müssen. Denn die Hafencity wird kein Selbstläufer sein.

INTERVIEW: ELISE GRATON