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Archiv-Artikel

Böse Orte, verschämter Tourismus

„Es spukt am Obersalzberg. Rote Irrlichter flackern nachts im Wald über Berchtesgaden. Wie magisch zieht dieser Ort die einen an. Andere meiden ihn und würden ihn am liebsten vergessen. Bei Tageslicht besehen wirkt die Szene eher komisch. Morgennebel im Wald, wo einst das Haus von Adolf Hitler stand. Touristen rascheln durchs Laub, unsicher um sich blickend. Wo ist er langgegegangen? Hier vielleicht. Wer auf der Suche nach Hitlers Anwesen durch das Unterholz streift, hat ein schlechtes Gewissen. Dieser Ort kennt keine lauteren Motive.“ Mit diesen Sätzen beginnt Hilmar Schmundts Kapitel „Am Berghof, Obersalzberg“ in dem von ihm herausgegeben Band „Böse Orte“. Der Tourismus an die Stätten der NS-Täter, er floriert, trotz des schlechten Gewissens. Wie präsentieren sich die mannigfaltigen „Bösen Orte“ heute? Mitherausgeber Stephan Porombka widmet sich dem größten Baukörper der NS-Geschichte, der Autobahn. Henryk M. Broder schreibt über den vom Erdboden verschwundenen Führerbunker in Berlin, Michael Rutschky über das „Kraft durch Freude“-Bad Prora, David Pfeifer über das Marine-Ehrenmal in Kiel-Laboe. Annett Gröschner hat sich in der Schorfheide umgesehen, auf den Spuren von Hermann Görings Landsitz Carinhall. David Wagner schreibt über das Reichsparteitagsgelände in Nürnberg, Jürgen Trimborn über das Olympiastadion in Berlin. Jana Simon besucht das Musterdorf der „Euthanasie“ in Alt Rehse und Peter Glaser die Heeresversuchsanstalt in Peenemünde.