: Pentagon-Chef zu Besuch im Hinterhof
Auf seiner Reise nach Argentinien, Brasilien und Guatemala gibt sich US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld konziliant – vor allem gegenüber Brasilien. Venezuelas Präsident Chávez hingegen ist ihm ein Dorn im Auge. Isolieren heißt hier die Devise
AUS PORTO ALLEGRE GERHARD DILGER
Auf einer viertägigen Reise durch Argentinien, Brasilien und Guatemala hat US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld viel Lob an seine Gastgeber verteilt. Den Argentiniern und Brasilianern dankte er für deren maßgebliche Beteiligung an der UNO-Mission in Haiti, in Guatemala-Stadt zeigte er sich „beeindruckt“ über die Reformen in der Armee und kündigte die Wiederaufnahme von Militärhilfe an.
Eher distanziert fiel der Empfang in Südamerika aus: Argentiniens Präsident Néstor Kirchner sah keinen Anlass, seinen Osterurlaub abzubrechen. „Der Herr des Krieges ist in Brasilien“, titelte Porto Alegres konservative Zeitung Zero Hora. In Manaus zwangen ihn Demonstranten, die Zentrale zur Überwachung des Luftraums in Amazonien durch den Hinterausgang zu verlassen.
Washington möchte vor allem Hugo Chávez isolieren. Venezuelas Präsident hatte vor kurzem den Kauf von russischen Hubschraubern, MiG-Kampfflugzeuge und Kalaschnikows angekündigt. Er verstehe nicht, warum Venezuela 100.000 AK-47-Sturmgewehre brauche, sagte Rumsfeld in Brasília. Zudem könnten die Waffen bei der kolumbianischen Farc-Guerilla landen, unterstellt das Pentagon.
„Brasilien hält am Selbstbestimmungsrecht der Völker fest“, konterte Rumsfelds brasilianischer Amtskollege José Alencar. Zudem weigerte er sich, die Farc als „Terroristen“ zu bezeichnen – Brasilien hält sich als Mittler für Friedensverhandlungen bereit.
Bereits auf dem letzten Treffen der US-Verteidigungsminister in Quito war Alencar zum profiliertesten Gegenspieler Rumsfelds geworden. Dort widersetzte er sich dem Ansinnen der USA, eine gesamtamerikanisches Militärkommando einzurichten und die Armeen stärker in die Terrorismus- und Verbrechensbekämpfung einzubeziehen. Außenpolitisch versucht Brasilien einen Balanceakt: Einerseits möchte Präsident Luiz Inácio Lula da Silva die südamerikanische Integration vorantreiben, vor allem wirtschaftlich. Dabei sind Kirchner und Chávez seine wichtigsten Partner. Andererseits gibt Lula der US-Regierung und dem IWF weniger Kontra als seine linksnationalistischen Kollegen. Washington sieht in ihm den wichtigsten Garanten für regionale Stabilität.
Die Leitung der Blauhelmmission auf Haiti übernahm Brasilien 2004, weil es an einem Sitz im UN-Sicherheitsrat interessiert ist. Dieser Einsatz wird in Brasilien kritisiert. Zur Entwaffnung der Bevölkerung fehle der politische Wille, so die Menschenrechtsorganisation Justiça Global, vielmehr hätten UN-Soldaten eine „Terrorkampagne“ der haitianischen Polizei in den Elendsvierteln von Port-au-Prince gedeckt. Brasília bestreitet dies. Entscheidend für die Probleme der Mission sei, dass zugesagte Finanzmittel ausblieben.