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Archiv-Artikel

Weber soll langsam weichen

Im Dauerstreit um Steglitz-Zehlendorfs Bürgermeister Herbert Weber sucht die CDU eine Lösung. Im Gespräch: Fraktionschef Kopp wird Nachfolger, Weber geht in den Bundestag. Doch der dementiert

VON MATTHIAS LOHRE

Die innerparteiliche Unterstützung für den seit 1992 regierenden Bezirksbürgermeister von Steglitz-Zehlendorf, Herbert Weber, bröckelt. Heute Abend wird sich Weber in einer Sondersitzung des CDU-Fraktionsvorstands in der BVV Steglitz-Zehlendorf verantworten müssen. Anlass ist ein in der vergangenen Woche bekannt gewordenes Redemanuskript Webers. Darin sprach dieser der Mehrheit der Wehrmachts-Deserteure moralische Gründe für ihre Flucht ab.

BVV-Fraktionschef Norbert Kopp gefällt die neueste Geschichtsdebatte in seinem Bezirk gar nicht. Anders als während der Diskussion um das Gedenken am 8. Mai distanziert er sich deutlich von den Worten seines Parteifreunds: „Wir müssen als CDU aufpassen, dass wir nicht an den rechten Rand gedrückt werden. Wir sehen uns als liberale Großstadtpartei.“ Der mächtige Mann der Südwest-CDU, der Landtagsabgeordnete Michael Braun, wollte sich aus dem Urlaub heraus nicht zu der neuen Kritik an Weber äußern.

Norbert Kopp und der CDU-Landesverband betonen, dass sie auf der Sondersitzung der Fraktion nicht Webers Rücktritt fordern werden. Das müssen sie auch gar nicht, denn der Ausweg aus der Dauerkrise könnte anders aussehen: „Herr Weber hat deutlich gemacht, dass er 2006 in den Bundestag will“, sagte Norbert Kopp gestern der taz. Und: „Ich weiß, dass ich durchaus als Nachfolgekandidat im Gespräch bin.“ Davon zeigt sich der Amtsinhaber überrascht: „Da wird das Fell des Bären verhökert.“

Die Stimmung in der CDU Steglitz-Zehlendorf ändert sich. Dabei ist unklar, ob es den Unions-Leuten nur um einen neuen Bezirksbürgermeister geht oder ob ihnen tatsächlich an mehr Liberalität gelegen ist. So oder so: Herbert Weber kann nicht mehr auf die volle Unterstützung seiner Partei bauen.

Weber war erneut in die Kritik geraten, nachdem das Manuskript einer Rede aufgetaucht war, die der Bürgermeister am Volkstrauertag 2004 gehalten hatte. Darin hatte er unter anderem den Exvizekanzler und „Ritterkreuzträger“ Erich Mende (FDP) zitiert: „Die meisten Deserteure hatten etwas auf dem Kerbholz und wussten, warum sie abhauten! […] Es ist eine Verirrung, die nur mit Geisteskrankheit, Hetze oder maßloser Verhetzung zu erklären ist!“ Wenige Sätze später fordert Weber: „Es gilt, die seit Jahrzehnten vorherrschenden Denkmuster der Belehrung, der Fokussierung auf Auschwitz als Erinnerungsreligion (Deutschland denken heißt Auschwitz denken) zugunsten einer Gesamtschau, gemessen an historischer Wahrheit zu überwinden.“ Als diese Zitate bekannt wurden, erneuerten Grüne, PDS und SPD ihre Rücktrittsforderungen. Auch die Jüdische Gemeinde kritisierte Weber scharf.

Zuvor hatte die Steglitz-Zehlendorfer CDU-Fraktion wochenlang auf einer Erklärung beharrt, laut der am 60. Jahrestag des Kriegsendes gleichrangig des Nazi-Terrors wie auch der Verbrechen der Roten Armee bei der Eroberung Deutschlands gedacht werden sollte.