: Aus der Bronx nach ganz oben
Die Amtszeit eines US-Präsidenten ist spätestens nach acht Jahren beendet. Wie viel er auch immer in dieser Zeit durchsetzen kann, seine Nachfolger können alle Initiativen zurückdrehen. Ein Instrument jedoch gibt ihm Einfluss weit über seine Amtszeit hinaus: die Füllung eines vakanten Richterpostens am Supreme Court.
Noch heute sitzt ein 1976 von Präsident Ford ernannter Richter am höchsten Gericht der USA. Die von Obama nominierte 55-jährige, geschiedene Sonia Sotomayor wird die Politik der USA noch entscheidend prägen können, wenn Präsident Obama längst Geschichte ist. Die Ernennung gilt auf Lebenszeit.
Doch zunächst muss sie sich seit gestern im Justizausschuss den Fragen der Senatoren stellen. Bestätigt der Senat die Nominierung Sotomayors, wäre sie das erste Mitglied des neunköpfigen Gremiums mit hispanischem Hintergrund. Als Tochter einer Krankenschwester aus Puerto Rico wuchs sie im New Yorker Stadtteil Bronx auf. Trotz der Kindheit in ärmlichen Verhältnissen schaffte sie es mit Stipendien an die Edeluniversitäten Princeton und Yale. Schon 1992 wurde sie Richterin in New York – ein Aufstieg, ganz nach dem Selbstbild der Amerikaner und wie gemacht für das Yes-you-can-Image des Präsidenten. Möglich wurde dies durch ihren Bildungshunger und ihre Zielstrebigkeit, aber – wie Sotomayor selbst sagt – auch durch die staatlichen Förderprogramme für Minderheiten. Für solche tritt sie noch heute ein. Schon vor der Anhörung warfen ihr deshalb konservative Senatoren vor, ihre eigene Lebensgeschichte nicht von ihrer Richtertätigkeit trennen zu können. Wegen ihres Ausspruchs von 2001, sie hoffe, „eine kluge Latina“ könne wegen ihrer Lebenserfahrung bessere Urteile sprechen als „weiße Männer“ wurde sie von Konservativen gar als Rassistin beschimpft.
Mit der trotz aller Widerstände als sicher geltende Bestätigung durch den Senat würde Obama auch seine Beliebtheit bei der am stärksten wachsenden Wählerschicht der USA sichern. Die Machtbalance im Supreme Court wird die Ernennung Sotomayors jedoch nicht verändern. Der abgetretene Richter David Souter wurde zwar von Bush senior ernannt, wandelte sich aber während seiner Zeit am Gerichtshof vom Konservativen zum Liberalen. ERIC CHAUVISTRÉ