: „Kampftruppe“ vor Gericht
Neonazis sollen in Norddeutschland eine militante Gruppe aufgebaut haben. Gestern begann der Prozess gegen fünf Mitglieder der „Combat 18 Pinneberg“ am Flensburger Landgericht
von Andreas Speit
Sie sammelten Waffen für den „nationalen Kampf“, führten Dossiers über „Feinde der Bewegung“ und sollen Anleitungen zum „Herstellen von Sprengsätzen“ besessen haben. Wegen der Bildung einer kriminellen Vereinigung, Verstoß gegen das Waffengesetz und räuberischer Erpressung müssen sich seit gestern fünf Mitglieder der Gruppe „Combat 18 Pinneberg“ vor dem Flensburger Landgericht verantworten. Die Taten sollen laut Anklage zwischen 2001 und 2003 im Hamburger Umland verübt worden sein. Die fünf Männer befinden sich auf freiem Fuß.
Über einen gesonderten Zugang waren die Anklagten aus Schleswig-Holstein und Hamburg im Alter von 23 bis 30 Jahren in den Verhandlungssaal gekommen. Bei der Verlesung der Anklage, nach der sie auch CDs mit volksverhetzenden und gewaltverherrlichenden Texten gegen Ausländer, Juden, Punks und Kommunisten hergestellt haben sollen, verzogen die fünf keine Miene. Und auch danach blieben sie still. Nur einer der Anwälte verlas eine Erklärung seines Mandanten, in der dieser seine Gesinnung rechtfertigte.
Im Oktober 2003 war die Neonazigruppe aufgeflogen. Nach über einem Jahr verdeckter Ermittlungen waren über 50 Wohnungen und Treffpunkte der Neonazis in Schleswig-Holstein, Hamburg und Mecklenburg-Vorpommern gestürmt worden. Einer der fünf dabei festgenommenen Hauptverdächtigen soll mit Aktivisten aus der „Kameradschaft Pinneberg“ die Gruppe „Combat 18 Pinneberg“ – abgekürzt „C 18 P“ – aufgebaut haben. Der Name lässt sich übersetzen mit „Kampftruppe Adolf Hitler Pinneberg“: Die Zahl „18“ steht in Neonazi-Kreisen für die Initialen Adolf Hitlers. Vorbild ist das britische Neonazi-Netzwerk „Blood & Honour“ (B & H). Die „Deutsche Division“ von B & H ist seit 2000 verboten.
Im B&H-Handbuch „Der Weg vorwärts“ erklären die militanten Rechten ihr Konzept: „C 18 muss als der bewaffnete Arm der Blood & Honour Bewegung agieren (...) Es gibt viele Wege, Furcht und Terror unter den Feinden zu verbreiten.“ Detaillierte Handlungsanleitungen finden sich dann im C-18-Handbuch „Der politische Soldat“. Darin heißt es: „Jede Zelle sollte eine Geld- und Waffenquelle haben“, und „keine Zelle sollte in den bewaffneten Kampf einsteigen, wenn sie keinen sicheren Ort hat, wo Waffen, Munition (...) usw. verschwinden können.“
Bereits Mitte 2000 hatte es die ersten Hinweise auf eine „C 18“ im Norden gegeben. Aus dem Umfeld der Pinneberger „Kameradschaft“ waren Morddrohungen gegen den Elmshorner IG-Metall-Chef Uwe Zabel aufgetaucht. Bei Farbanschlägen auf das Verlagsgebäude des „Pinneberger Tageblatts“ und dem jüdischen Friedhof in Neustadt / Holstein war das Kürzel „C 18“ aufgefallen.
Bis Ende April dieses Jahres soll das Verfahren in Flensburg beendet sein, erklärte die Staatsanwaltschaft. Parallel finden Verfahren gegen fünf weitere Angeklagte statt.