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Archiv-Artikel

Der günstige Weg über Mauritius

ENTWICKLUNGSPROJEKTE Umweltgruppen werfen der Europäischen Investitionsbank in einer neuen Studie vor, bei der Kreditvergabe Geschäfte mit Steueroasen zu unterstützen

Nach dem G-20-Finanzgipfel im April versprach die EU-Hausbank, ihre Politik im Hinblick auf die Steuerflucht zu überprüfen

VON NICOLA LIEBERT

Die Europäische Investitionsbank (EIB) unterstützt Geschäfte mit Steueroasen und konterkariert so den Kampf der EU gegen Steuerflucht. Diesen Vorwurf gegen die Hausbank der Europäischen Union erheben sieben umwelt- und entwicklungspolitische Gruppen in Europa, darunter Urgewald und Weed aus Deutschland. In einer aktuellen Studie führen sie zahlreiche Fälle auf, in denen die EIB Kredite an Banken, Fonds oder andere Unternehmen vergibt, die teilweise in Steueroasen beheimatet sind oder mit Umweg über diese ihre Investitionen vornehmen.

Die Nichtregierungsorganisationen haben sich zur Kampagne „Counter Balance“ zusammengeschlossen, um der EIB auf die Finger zu schauen. Dies erscheint umso wichtiger, als die Förderbank inzwischen zunehmend auch Entwicklungsprojekte außerhalb Europas finanziert. Zwar gingen 2008 nur 2,3 Prozent der EIB-Darlehen nach Afrika, Asien und Lateinamerika, das sind aber immerhin 1,3 Milliarden Euro. Weitere 2 Milliarden Euro soll die EIB in den kommenden drei Jahren zur Bekämpfung der Finanzkrise in Afrika investieren.

Die Projekte in Afrika werden besonders häufig über Mauritius finanziert. Das spart Kosten, denn die Insel bietet ausländischen Investoren Steuerfreiheit, ein maximales Bankgeheimnis und Doppelbesteuerungsabkommen mit den meisten europäischen Staaten. Doch diese Art der Sparsamkeit stehe in Widerspruch zu den Entwicklungszielen der EU, moniert die Koordinatorin der Kampagne, Desislava Stoyanova. Denn Steueroasen „verschlimmern den Steuersenkungswettbewerb, dienen der Verschleierung von Finanztransaktionen und fördern so Korruption, Steuervermeidung und -hinterziehung“. Was den Entwicklungsländern insgesamt an Steuereinnahmen entgehe, mache ein Vielfaches der gesamten Entwicklungshilfe aus. Die Stärkung der Steuererhebung im Süden und der Kampf gegen Steueroasen seien daher ein wichtiger Bestandteil der Entwicklungszusammenarbeit, so Stoyanova: „Dies muss als kohärente europäische Entwicklungspolitik bei europäischen Investitionen in Entwicklungsländern beachtet werden.“

Als Beispiele für EIB-Investitionen über Steueroasen nennt die Kampagne unter anderem die Finanzierung des Risikokapitalgebers Advans aus Luxemburg, des auf den Cayman Islands registrierten Private-Equity-Fonds Shorecap International sowie von Africinvest und Adlevo Capital Africa, beide in Mauritius ansässig. Diese Finanzfirmen sollen vor allem Mikrokredite und Investitionen in mittelständische Firmen in Afrika durchführen. Überdies vergab die EIB der Studie zufolge auch direkt Darlehen für Infrastrukturprojekte, die Steueroasen nutzen – so zum Beispiel die Betreiberfirma der Gaspipeline von Nigeria nach Ghana, die auf Bermuda registriert sei, oder die kolumbianische Mobilfunkgesellschaft Movistar, die ihre Investitionen mit Hilfe einer Tochter in Panama vornehme.

Immerhin versprach die EIB eine Überprüfung ihrer Politik, nachdem die G 20 auf ihrem Finanzgipfel im April die Steuerflucht über Steueroasen zum Thema machten. Damit wolle man „sicherstellen, dass die Kredite bestimmungsgemäß, das heißt für die Erreichung der Ziele der EU genutzt werden“, erklärte EIB-Präsident Philippe Maystadt. „Counter Balance“ begrüßt die Erklärung, fügt jedoch hinzu: „Die EIB hat noch einen weiten Weg vor sich.“ Regine Richter von Urgewald erklärte dazu: „Die Kapazitäten der EIB, ihre Kunden zu prüfen, sind sehr begrenzt. In den letzten Jahren hat die EIB vier Projekte aussortiert, weil dort Steuerflucht betrieben werden sollte. Nach unseren Ergebnissen ist dies jedoch nur die Spitze des Eisbergs.“

Die EIB war bereits 2006 in die Kritik gekommen, weil ihre Kreditvergabe Umweltbelange nicht genügend berücksichtige.