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Archiv-Artikel

nina ruge: bekenntnisse eines backfischs von HARTMUT EL KURDI

Es ist schön, wenn die Dinge ausgesprochen werden. Auch wenn sie sowieso schon lange auf dem Tisch liegen. Wenn sich zum Beispiel der Show-und-Angrabbel-Pfarrer Jürgen Fliege bei Sandra Maischberger als fundamentalistischer Evangelen-Patriot outet und für Deutschland die amerikanischen Werte „family, flag and religion“ fordert, dann ist das gerade jetzt, quasi am Vorabend des Evangelischen Kirchentages in Hannover, ein feines und eindeutiges Signal an die Jugend der Welt, das da lautet: Finger weg vom Christenzeuch, egal wie ankumpelnd, psychoklempnernd und kickerspielend es auch daherkommt!

Die „Leute heute“-Moderatorin Nina Ruge, Flieges große Konkurrentin im Fernsehwettbewerb, sich mit einem aussagefreien Schlusssatz zur TV-„Marke“ zu transformieren, ist noch nicht ganz so weit wie ihr ARD-Pendant. Noch hat sie uns nicht mitgeteilt, wer sie wirklich ist, worum es ihr wirklich geht. Das liegt vermutlich daran, dass sie es selbst nicht weiß. Im Gegensatz zu Fliege, der einer guten alten Einbahn-Religion angehört, ist Nina Ruge eine nach allen Seiten offene Mode-Buddhistin. Zumindest ist ihre Homepage mit einem Buddhakopf unterlegt, und in einem dreiseitigen Interview mit der Theologen- und Getreidemühlen-Fachzeitschrift Schrot & Korn gesteht sie, dass sie am Ende ihrer Sendung statt der stumpfen „Alles wird gut“-Beschwörung eigentlich gern sagen würde: „Alles hat einen Sinn“. Aber vermutlich befürchtet sie, dass das Publikum dann kollektiv zurückschreien könnte: „Nein, Nina, das hat es nicht! Wir haben dir ja gerade eine Viertelstunde beim Reden zugehört!“

Aber man darf Nina Ruge auch nicht Unrecht tun. So wie Fliege die Aura eines lockeren Jugend-Diakons auf Konfer-Freizeit hat, aber in Wahrheit ein missionarisches Maschinengewehr Gottes ist, so ist Frau Ruge ein verwirrter, plappernder Teenager im Körper einer fast fünfzigjährigen Journalistin. Sie kann nichts dafür.

Vermutlich ist die kleine Nina mit dreizehn in einen großen Topf mit Fanta, Ahoi-Brause oder Batida de Coco gefallen. Nur deswegen kann sie in ihrem hohen Alter noch so rührend pubertierend formulieren, warum der Bioladen auf dem Weg zum Sender „supergut“ sortiert sei: „Die haben auch wunderbare getrocknete Tomaten, mhmhm …“ An den Tomaten lutscht sie aber wahrscheinlich nur, wie Karl Lagerfeld an Hummerschwänzen, ansonsten ernährt sie sich in einer Mischung aus teenagerhafter Verweigerung fester Nahrungsmittel und omamäßiger Tablettensucht. Zum Frühstück gibt’s zum Beispiel „Schwarzkümmelöl in Drageeform, Zink, Selen, drei Süßwasseralgen-Kombinationsprodukte, dazu trinke ich Sole von Himalaja-Salz, presse eine Grapefruit. Tee mit Zitrone gibt es auch.“

Und wie die Teenager heute sind, wünscht sich Nina – neben Hillary Clinton – vor allem „weise alte Menschen“ als Interviewpartner. Oder „Wissenschaftler, die am High-End moderner Forschung stehen, viele von ihnen sind religiös geworden. Am liebsten eine halbe Stunde ohne Publikum, ganz intim mit so einem Gast … Das wäre meine Traumsendung!“ Upps, da hat sie’s doch noch gesagt: Nina möchte, wenn sie groß ist, Frank Elstner sein. Na also, es geht doch …