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Archiv-Artikel

Dem Luftikus droht ein neuer Absturz

Ex-EM.TV-Chef Thomas Haffa steht wieder vor Gericht. Verklagt hat ihn das Unternehmen, das er einst gegründet hatte

Auch einen Thomas Haffa, der schon so viel erlebt hat, überkommen manchmal die Gefühle. Unter Tränen übergab der Firmengründer vor vier Jahren seinen Chefposten beim Medienkonzern EM.TV an den Spiegel-Verlagsmanager Werner Klatten. Jetzt droht er wegen desselben Mannes wieder in Emotionen auszubrechen – diesmal womöglich in ohnmächtige Wut.

Denn Klatten fordert im Namen von EM.TV 200 Millionen Euro Schadenersatz von Haffa und seinem Bruder Florian, einst Finanzvorstand, sowie Ex-Aufsichtsratschef Nickolaus Becker. Schauplatz ist das Landgericht München. Vor zwei Jahren hatte eine resolute Richterin Thomas Haffa hier schon 1,2 Millionen Euro abgeknöpft – der damalige Star des Neuen Marktes habe die Lage des Unternehmens zu rosig dargestellt, um den Aktienkurs zu treiben. Zwar wurde er vom Vorwurf des Kursbetrugs frei gesprochen, aber das Image eines Luftikus blieb an ihm haften.

Nach den Strafrichtern müssen seit gestern die Zivilrichter entscheiden. Diesmal geht es um die Verletzung der Sorgfaltspflicht. Und wenn Klatten und EM.TV ihre Schadenersatzforderung durchsetzen können, geht es bei Haffa, dem von EM.TV noch 9,5 Prozent der Anteile geblieben sind, hart auf hart.

Dabei hatte das ehemalige Wunderkind der Münchner Medienszene, das kurz vor seinem 53. Geburtstag steht, schon länger wieder auf ein Comeback gehofft. Nach dem Absturz aus dem Börsenhimmel widmete er sich zunächst seiner Privat-Fluggesellschaft Air Independence. Gemeinsam mit Frau Gabriele kaufte er dann die Yacht-Handelsfirma Dahm International, um schließlich mit drei Partnern den gerade insolvent gewordenen Ulmer Nutzfahrzeughersteller Kögel zu übernehmen, hinter Cargobull der zweitgrößte Hersteller für Lkw-Auflieger- und Anhänger.

Seine Karriere begonnen hatte Haffa, der die Schule vor dem Abitur verließ, nach seiner kaufmännischen Ausbildung bei BMW bei IBM. Aber bereits 1979 holte der Mediengigant Leo Kirch den damals 27-Jährigen in seinen Konzern und betraute ihn mit dem neuen Videogeschäft. Schnell avancierte er zum Geschäftsführer des gesamten Musikbereichs, bevor er 1989 – unterstützt von Kirch persönlich – in die Selbstständigkeit wechselte und mit Bruder Florian EM.TV gründete.

Haffa sei ein neuer Typ von Unternehmer gewesen, „kumpelhaft, aber sehr charismatisch, mit stahlblauem Blick und dem Touch eines Visionärs“, sagt der Investmentbanker Christian Sundermann von der WestLB, der EM.TV an die Börse brachte. Aber für kreditwürdig hielt er die Firma damals nicht. Dafür machte die Sparkasse Oberpfaffenhofen, die schon Haffas erstes Mofa finanzierte, dem Börsen-Visionär innerhalb einer Stunde einen Fünf-Millionen-Kredit locker. Dieses beinahe blinde Vertrauen anderer in seine Fähigkeiten hat Haffa schon länger verloren. Jetzt geht es möglicherweise auch um seine Existenz. OLIVER HINZ