: Mysteriöse Angriffsserie im rohstoffreichen Papua
INDONESIEN Drei Tote bei fünf Überfällen in fünf Tagen bei der weltgrößten Kupfer- und Goldmine
BERLIN taz | Bei fünf Anschlägen auf Mitarbeiter und Wachleute der Gold- und Kupfermine Grasberg sowie auf dort eingesetzte Polizisten sind in Indonesiens östlicher Provinz Papua seit vergangenem Samstag drei Personen getötet und zwölf verletzt worden. Unter den Toten ist auch ein 29-jähriger australischer Bergbauexperte. Polizeiangaben zufolge wurde er von einer Waffe aus Militärbeständen getötet. Solche könne sich laut dem indonesischen Verteidigungsminister Juwono Sudarsono aber jede Person in Papua besorgen.
Indonesien schickte inzwischen Spezialeinheiten in die Region. Der Betreiber der dortigen weltgrößten Gold- und Kupfermine, PT Freeport, verbot am Donnerstag seinen Mitarbeitern die Nutzung der Straße zwischen der Mine und der 60 Kilometer entfernten Bergbaustadt Timika. Denn alle Angriffe fanden an dieser Strecke statt.
In der Region kämpfen auch Rebellen der „Bewegung freies Papua“ (OPM) für die Unabhängigkeit der gesamten Westhälfte der Insel Papua von Indonesien. Die Rebellen bestreiten eine Verwicklung in die Angriff. Die rohstoffreiche Inselhälfte, die einst zum niederländischen Kolonialreich gehörte, wurde 1969 in einer von Jakarta manipulierten Abstimmung unter Stammesältesten Indonesien zugeschlagen. Viele Papuas fühlen sich seitdem von Jakarta kolonisiert.
Zuletzt wurden 2002 zwischen Timika und der Grasbergmine zwei US-Lehrerinnen erschossen. Sie unterrichteten Kinder des knapp 20.000 köpfigen Bergbaupersonals. Der Mordfall belastete jahrelang das Verhältnis zwischen Washington und Jakarta. Zunächst verdächtigte die Polizei indonesische Soldaten. Sie könnten versucht haben, den Preis hochzutreiben, den Freeport für die lukrative Bewachung seiner Operationen zahlen muss. Später verurteilte Indonesiens Justiz aber einen Mann mit mutmaßlichen Rebellenverbindungen als Täter. Die USA akzeptierten dies, da sie im „Krieg gegen den Terror“ stark an Beziehungen zu Indonesiens Militär interessiert waren.
Die Ausbeutung der Mine geht auf einen Deal des Diktators Suharto mit dem US-Bergbaukonzern Freeport McMoRan in den 60er-Jahren zurück. Die Mine ist Indonesiens größter Steuerzahler, doch profitieren die Bewohner Papuas kaum. Vielmehr gilt sie ihnen als Symbol der Fremdbestimmung. In Papua konkurrieren Polizei und Militär um die Sicherheitsdienste für die Mine. Zwar machten Regierungsvertreter jetzt zunächst reflexartig Rebellen für die jüngsten Angriffe verantwortlich. Doch Verteidigungsminister Sudarsono wollte auch nicht ausschließen, dass Soldaten beteiligt seien.
Papua ist für ausländische Journalisten gesperrt. Einheimische können dort nur mit einer Sondererlaubnis begrenzt recherchieren. Ein unabhängige Aufklärung ist somit unwahrscheinlich. SVEN HANSEN