: „Engländer sind nicht so aufgeweckt“
MARKETING Tourismusmanagerin Jennifer Ellenger findet, „Deutsche mögen das, worin wir gut sind“
■ Sie ist die Sprecherin des Tourismusbüros auf Jersey. Ihre Spezialität sind Outdoor-Aktivitäten.
taz: Frau Ellenger, wen wünschen Sie sich als Besucher für Jersey?
Jennifer Ellenger: Deutsche.
Wieso? Auf der Insel springen einem immer wieder Erinnerungen an die deutsche Invasion im Zweiten Weltkrieg entgegen. Damals wurden tausende Jerseyaner deportiert.
Das stimmt. Aber es ist Geschichte. Geschichte, die Sie auf Jersey im Übrigen auch heute noch besichtigen können. Wir haben beispielsweise die Jersey War Tunnels, die die deutschen Besatzer von Zwangsarbeitern anlegen ließen. Reisende aus Deutschland sind daran sehr interessiert – nicht nur weil es Teil ihrer eigenen Geschichte ist, sondern weil sich die deutschen Urlauber überhaupt für Geschichte interessieren. Sie besuchen beispielsweise auch unsere Burgen.
Ist die Geschichte das Hauptinteresse der deutschen Urlauber auf Jersey?
Ich glaube, für die meisten ist es eher die Natur. Und Deutsche mögen genau das, worin wir sehr gut sind: Sie lieben die Landschaft, sie wandern gern, sie fahren mit dem Fahrrad. Etliche Kilometer des Straßennetzes sind Green Lanes, baumgesäumte Feldwege und kleine Sträßchen, auf denen ein Tempolimit von 24 Stundenkilometern gilt. Jersey bietet sehr viel auf relativ wenig Platz. Man muss keinen halben Tag unterwegs sein, um irgendwohin zu kommen. Deshalb kann man viel zu Fuß oder mit dem Fahrrad erreichen.
Ist Jersey also etwas für den Kurzurlaub?
Viele Engländer bleiben nur drei Nächte, viele Franzosen kommen sogar nur auf einen Tagesausflug. Aber die meisten Deutschen kommen mit Charter- oder Direktflügen, die nur einmal die Woche gehen. Dann sind sie sieben oder vierzehn Tage hier. Das ist für für uns besser.
Ist das Ihrer Meinung nach der Hauptunterschied zwischen deutschen und englischen Reisenden?
Die Engländer sind lange nicht so aufgeweckt und abenteuerlustig. Sie machen vielleicht mal eine Bustour oder mieten sich ein Auto. Aber sie wandern nicht, sie besichtigen keine Burgen.
Sie sitzen also herum und trinken Tee? Oder Bier?
In unsere Pubs gehen die Deutschen auch gerne, wir haben sehr schöne alte Pubs.
Gerade Wanderurlauber aus Deutschland wollen nicht nur Natur sehen, sie legen auch Wert auf nachhaltigen Tourismus. Der ist auf Jersey noch nicht so ausgeprägt. Energiesparen ist in vielen Hotels kein Thema.
Da ist Jersey tatsächlich ein bisschen hinterher. Zum Teil liegt das an den alten Häusern, zum Teil daran, dass viele Jerseyaner Energiesparen mit Verzicht gleichsetzen – und denken, das hätten sie nicht nötig. Inzwischen gibt es ein paar Projekte auf der Insel wie die neuen Gebäude am Weingut, die hohe ökologische Standards setzen. Die Stiftung Durrell Wildlife Conservation Trust, die den Tierpark auf der Insel betreut, veranstaltet Nachhaltigkeitsseminare. Und im vergangenen Jahr haben wir Pilotprojekte für grünen Tourismus gestartet, bei der wichtige Anbieter mitgemacht haben. So langsam merken die Hotels und Guesthouse-Besitzer jetzt, dass sie auch etwas von dieser Art von Tourismus haben. Es passiert also langsam etwas in diese Richtung. INTERVIEW: BEATE WILLMS