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Archiv-Artikel

Ein Kreuz für die Frau

In Schweden hat sich die Partei „Feministische Initiative“ gegründet. Ihr Ziel: Eine bessere Politik für Frauen

Während sich Deutschland nur langsam an die Vorstellung gewöhnen kann, von einer Kanzlerin regiert zu werden, organisiert sich in Schweden derzeit eine eigene Partei, die ein feministisches Profil in allen Politikbereichen einbringen will. „Feministische Initiative“, so heißt sie. Gestern hat sie sich offiziell gegründet, mit dem Ziel, bei den Wahlen im nächsten Jahr ins Parlament einzuziehen.

Eine Partei für Fraueninteressen möchte sie sein – aber keine reine Frauenpartei, wie die Historikerin Maria-Pia Boëthius, eine der Initiatorinnen, betont: „Es reicht schon mit den Männerparteien, die wir jetzt haben.“ Seit zwei Jahren bereits debattieren viele Frauengruppen und -netzwerke die Frage einer solchen Partei. Als ihre Gründung gestern offiziell verkündet wurde, kam dies trotzdem überraschend. Eigentlich war sie erst im Sommer geplant.

Der „Druck ist zu groß geworden“, begründete Boëthius den vorgezogenen Start. Womit nicht nur der in den eigenen Reihen gemeint ist. In den letzten Monaten hatten sich die bisherigen Parlamentsparteien darum bemüht, ihr feministisches Profil hervorzustreichen. Grüne und Sozialdemokraten gründeten sogar eigene feministische Netzwerke.

Die bisherige Gleichberechtigungspolitik sei jedoch unzureichend gewesen, so begründete Gudrun Schyman die Bildung der Partei mit dem Logo „F!“. Schyman ist eine der populärsten und charismatischsten schwedischen PolitikerInnen und war bis zum vergangenen Jahr Vorsitzende der „Linkspartei“, einem Zusammenarbeitspartner der regierenden Sozialdemokraten. Sie verließ diese Partei mit dem ausdrücklichen Ziel einer feministischen Parteigründung. Deren Programm, das spätestens im September präsentiert werden soll, werde auf alle politischen Fragen mit einer „feministischen Brille“ sehen. Es gebe nicht nur eine Sozial- und Steuerpolitik mit feministischen Vorzeichen, sondern selbstverständlich auch eine feministische Verkehrs-, Umwelt- oder EU-Politik. Schyman: „Es geht um Machtfragen, um Menschenrechte und darum, dass eine Demokratie für die halbe Bevölkerung nicht funktioniert, weil es zusammenhängende patriarchale Strukturen gibt.“ Die schwedische Initiative sei auch nicht nur national ausgerichtet. Es gebe, so Schyman, auch in anderen Ländern Bemühungen, feministische Ziele über neue Organisationsformen zu verwirklichen.

Meinungsumfragen ergaben, dass rund ein Viertel der Wahlberechtigten – 28 Prozent bei Frauen, 23 Prozent bei Männern – bereit wären, einer feministischen Partei ihre Stimme zu geben. Der neuen Partei werden daher durchaus Chancen eingeräumt, die vierprozentige Sperrklausel zum Reichstag überspringen zu können. Dann wäre sie eine wichtige Kraft zwischen den nahezu gleich starken politischen Blöcken.

REINHARD WOLFF