Neue Gewaltwelle im Süden Thailands

Bei Bombenanschlägen im südlichen Regionalzentrum Hat Yai werden erstmals auch westliche Ausländer getroffen. Die Anschläge deuten auf eine neue Qualität, doch die Regierung von Premierminister Thaksin reagiert weiter planlos

BANGKOK taz ■ Thailands Süden kommt nicht zur Ruhe: Am Sonntag wurden bei drei Bombenanschlägen in der Provinz Songkhla mindestens drei Menschen getötet und mehr als 70 verletzt. Darunter sind ein US-Amerikaner, ein französischer Teenager und zwei Staatsangehörige aus Brunei. Die Attentate wurden auf dem Regionalflughafen der Stadt Hat Yai, vor einer Filiale der französischen Kaufhauskette Carrefour und einem Hotel in der Stadt Songkhla verübt.

Gestern meldeten die Medien einen weiteren Anschlag: Bei einer Detonation in der Provinz Yala wurden vier Soldaten verletzt, als sich führende Regierungsangehörige zu einem Krisengipfel trafen. Der sonst für markige Sprüche bekannte Premier Thaksin Shinawatra verurteilte die Attentate, kündigte aber an, nicht mit Gewalt zurückschlagen zu wollen. Die Sicherheitsmaßnahmen auf thailändischen Flughäfen und an Hauptverkehrsstraßen wurden verschärft.

Mit den Anschlägen in Hat Yai, dem wichtigsten Verkehrsknotenpunkt und Handelszentrum für den tiefen Süden, hat die blutige Gewalt eine neue Dimension erreicht. Denn seit Januar 2004 waren die Bombenattentate und politischen Morde fast ausschließlich auf die muslimisch dominierten Provinzen Yala, Pattani und Narathiwat an der malaysischen Grenze beschränkt. Dass es nun auch die nördlicher gelegene, als relativ sicher geltende Songkhla-Provinz und westliche Ausländer getroffen hat, schürt Furcht: Manche mutmaßen, die Attentate könnten sich nun auch auf andere Teile des vorwiegend buddhistischen Landes ausdehnen.

Bis heute weiß niemand, wer hinter der Gewalt im Süden steckt. Dies zeigte sich auch darin, dass die Regierung in Bangkok abwechselnd muslimische Separatisten und bloße Banditen als Hintermänner benannte. Auch jetzt haben die Behörden offenbar keinen Plan, wie sie der jüngsten Anschlagsserie begegnen sollen. Verteidigungsminister Thamarak Isarangura versuchte laut der regierungskritischen Tageszeitung The Nation die Bombenanschläge herunterzuspielen: Es handele sich um eine lokale Angelegenheit und habe kaum etwas mit muslimischen Separatisten zu tun. Armeechef General Prawit Wongsuwan hingegen erklärte, die Unruhestifter hätten „in einem letzten Akt der Verzweiflung“ ihre Terrorkampagne aus den drei muslimischen Südprovinzen herausgetragen.

Opposition und Menschenrechtler haben die Regierung immer wieder kritisiert und gefordert, die im Süden stationierten Truppen abzuziehen. Mal kündigte der populistische Thaksin eine harte Gangart mit verschärftem militärischen Druck an. Dann wollte er ein anderes Mal in der verarmten Region Bildung und Entwicklung fördern. Besonderen Unmut löste sein inzwischen wieder verworfener Plan aus, Dörfer als „rote Zonen“ zu brandmarken: Wer dort mit Separatisten kooperiere und sich weigere, die Regierung zu unterstützen, sollte keine staatlichen Leistungen mehr erhalten.

Ob jetzt eine kürzlich von Thaksin eingeleitete Charmeoffensive Erfolg hat, bleibt abzuwarten: Er kündigte an, seine kompromisslose Haltung aufzugeben und die Probleme in den muslimischen Südprovinzen friedlich zu lösen. Unter anderem etablierte er eine unabhängige Kommission unter Führung des früheren, angesehenen Premiers und Geschäftsmanns Anand Panyarachun. Die soll ein Konzept zur nationalen Versöhnung ausarbeiten. NICOLA GLASS