Deutscher Segen für Megastaudamm

Die Weltbank bewilligt – auch mit der Stimme der Bundesregierung – Mittel für das umstrittene GroßprojektNam Theun 2 in Laos, obwohl sie damit gegen die Empfehlungen der Weltstaudammkommission verstößt

BERLIN taz ■ Die umstrittene Wahl des Kriegstreibers Paul Wolfowitz zum neuen Präsidenten der Weltbank hat eine andere wichtige Entscheidung der Bank verdrängt: Ihr Exekutivrat beschloss auch eine Beteiligung am 1.070-Megawatt-Wasserkraftwerk Nam Theun 2 in Laos. Das rund 1,3 Milliarden US-Dollar teure Bauvorhaben ist das größte Projekt, das je in dem armen Land geplant wurde. Und es ist seit Jahren der erste Großstaudamm, den die Weltbank fördert.

Die Entscheidung hat Signalwirkung, weil die Weltstaudammkommission im Jahr 2000 Kriterien für Großprojekte dieser Art festgelegt hatte. Es gab Hoffnungen, dass sich solche ökologisch, sozial und wirtschaftlich fragwürdigen Projekte künftig nicht mehr durchsetzen lassen. Die sind nun zerschlagen. „Hier wird ein Großprojekt unterstützt, das zahlreiche Umwelt- und Sozialstandards der Weltbank bricht und gegen fast alle Empfehlungen der Weltstaudammkommission verstößt“, kritisiert Regine Richter von der deutschen Umweltorganisation Urgewald. „Mit der Kreditvergabe zeigt die Weltbank, dass sie nicht aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt hat.“

Das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ), dessen Vertreter Eckhard Deutscher im Exekutivrat der Weltbank für Nam Theun 2 stimmte, verteidigte die Entscheidung. „Wir haben die Risiken eingehend untersucht und bewertet“, erklärte BMZ-Staatssekretär Erich Stather. Er berief sich dabei ausdrücklich auf die Kriterien der Weltstaudammkommission. Zugleich räumte er ein, dass „erhebliche Eingriffe in die Natur und das Leben der im Gebiet wohnenden Menschen ausgelöst“ werden. Für das BMZ sei aber entscheidend gewesen, dass etwa zehn Prozent des Projektbudgets für Ausgleichsmaßnahmen bereitgestellt werden. „Dies übertrifft bei weitem die entsprechenden Aufwendungen bei früheren Projekten in Laos.“

Daran zweifeln auch die 157 Organisationen aus 42 Ländern nicht, die die Bank zur Ablehnung des Damms aufgefordert hatten. Sie verweisen darauf, dass selbst die Weltbank die laotische Regierung im Hinblick auf gute Regierungsführung kritisch bewertet. Die Erfahrungen mit den bisherigen fünf Dämmen in Laos seien negativ. Stather hingegen sieht Nam Theun 2 sogar als Möglichkeit, die Zusagen für die Betroffenen eines älteren Staudamms am selben Fluss zu erfüllen. Der scheidende Weltbankpräsident James Wolfensohn argumentierte ähnlich, als er sagte, dass die negativen Auswirkungen ohne Beteiligung der Bank mit ziemlicher Sicherheit größer seien.

Ohne die Weltbankförderung, die aus einem 20-Millionen-Dollarkredit und einer 200-Millionen-Dollar-Risikoabsicherung besteht, wäre das Projekt wohl gescheitert. Nun kommt es darauf an, ob die Bank künftig den Willen hat, die laotische Regierung zu zwingen, ihre Zusagen auch einzuhalten. Dem Damm müssen 6.000 Menschen weichen, 100.000 weitere bedroht er in ihren Lebensgrundlagen. Die Weltbank hofft, dass er Laos pro Jahr bis zu 150 Millionen Dollar einbringt und der Regierung hilft, ihre Bildungs- und Gesundheitsausgaben im ersten Jahr um bis zu 30 Prozent zu steigern. Bisher lebt Laos von Subsistenzwirtschaft, dem Raubbau seiner Wälder und Entwicklungshilfe.

Laos hat Pläne für zwanzig weitere Dämme. Die kommunistische Regierung sieht die Zukunft darin, den energiehungrigen Nachbarn Thailand und China Strom zu liefern. In Thailand sind Dämme politisch kaum noch durchsetzbar. So könne Laos mit seinem Wasserkraftpotenzial zum „Kuwait Südostasiens“ werden, lautet die Hoffnung – hier werden Kritiker mundtot gemacht. SVEN HANSEN

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