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Archiv-Artikel

Die falschen Fragen gestellt

Deutscher Lehrerverband setzt Studie zum Lehrerarbeitszeitmodell eigene Umfrage entgegen. Demnach unterrichten 60 bis 80 Prozent der Pauker doch mehr als früher

Der vor einer Woche vorgestellte Bericht zur Evaluation des Lehrerarbeitszeitmodells enthielt für die politische Debatte vor allem eine Botschaft: Das Gequake der Hamburger Lehrer war unberechtigt. Sie unterrichten nicht mehr als ihre Kollegen in anderen Bundesländern. Und die Durchschnittszahl der Wochenstunden, die ein Lehrer vor der Tafel steht, habe sich mit beispielsweise 24,07 an Gymnasien auch nicht gegenüber der 2003 abgeschafften Pflichtstundenzahl erhöht. Allerdings schränkte Wilfried Heinrich von der Gutachterfirma Mummert Consult ein, das diese Daten „schwierig“ zu erheben gewesen seien und sich auf eine Basis von sieben Gymnasien stützten.

„Mummert Consult hat entweder die falschen Fragen gestellt oder die falschen Lehrer gefragt“, erklärte gestern Jutta Ramin vom Deutschen Lehrerverband Hamburg (DLH) und stellte eine eigene Umfrage unter rund 1.000 Kollegen dagegen. Demnach unterrichten je nach Schulform 60 bis 80 Prozent der Lehrer zwei und mehr Stunden mehr als früher, lediglich drei Prozent gaben an, dies weniger zu tun. Und auch diese haben als Ausgleich offenbar andere Aufgaben übertragen bekommen. Von einem gleich bleibenden Mittelwert der Unterrichtsstunden könne keine Rede sein.

Der von Mummert Consult tabellarisch publizierte Vergleich mit den 15 anderen Bundesländern hat laut DLH-Mitglied Thomas Schuback noch einen anderen Haken. Die Tabelle enthalte nämlich nur „Brutto“-Pflichtstunden, von denen je nach Landesvorgabe noch Stunden für besondere Aufgaben abgezogen würden. Die Hamburger Werte hingegen, so Schuback, bezögen sich allein auf den puren Unterricht.

Auch die Qualität des Unterrichts hat laut DLH gelitten. So gab die Mehrheit der Lehrer an, bei der Vorbereitung und bei Korrekturen „teilweise erhebliche“ Abstriche machen zu müssen. Auch sei angesichts gestiegener Klassengrößen von durchschnittlich 27 bis 28 Schülern die Förderung einzelner Schüler und handlungsorientierter Unterricht nicht mehr möglich. Der DLH fordert nun eine „echte Evaluation“, die ergebnisoffen ist und die tatsächlich anfallende Aufgaben für die Lehrer untersucht. Die Konkurrenzgewerkschaft GEW will heute eine Alternative zum Arbeitszeitmodell vorstellen. Kaija Kutter