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Archiv-Artikel

Chaos in Kiel

POLITISCHE KULTUR Heute entscheidet der Landtag von Schleswig-Holstein über seine Selbstauflösung. CDU und SPD begegnen sich hier traditionell mit kaum verhohlenem Hass. Jetzt wurde ein Millionenbonus für den Chef der HSH Nordbank zum Anlass für den Bruch der Koalition – das vorläufig letzte Kapitel in der langen Skandalgeschichte des nördlichsten Bundeslandes

Von GRE

BERLIN taz | Vor der heutigen Abstimmung über die Auflösung des Kieler Landtags hat sich der Machtkampf weiter verschärft. SPD-Landeschef Ralf Stegner bezichtigte Regierungschef Peter Harry Carstensen (CDU) am Wochenende der Lüge und warf ihm vor, mit dem Koalitionsbruch von Bonuszahlungen an HSH-Nordbank-Chef Dirk Jens Nonnenmacher ablenken zu wollen. Carstensen nannte Stegner dagegen einen „notorischen Störer“.

Für die Annahme des Antrags zur Auflösung des Parlaments ist eine Zweidrittelmehrheit und damit auch Zustimmung aus der SPD erforderlich. Stegner hatte aber am Freitag angekündigt, seine Fraktion werde dem Antrag geschlossen die Zustimmung verweigern. Es wird erwartet, dass Ministerpräsident Carstensen in diesem Fall noch diese Woche die Vertrauensfrage stellt und so Neuwahlen erzwingt. Jüngsten Umfragen zufolge kann Carstensen bei einer baldigen Neuwahl auf eine Mehrheit zusammen mit der FDP hoffen.

Unterdessen belastet ein Brief Carstensen. Dem zufolge schrieb Carstensen, ohne den Landes- und Fraktionsvorsitzenden Ralf Stegner zu informieren, an den Kieler Parlamentspräsidenten Martin Kayenburg (CDU), der Präsidialausschuss habe „mit vorherigem Einverständnis der Spitzen der Landesregierungen in Hamburg und Schleswig-Holstein“ die Zahlung an Nonnenmacher beschlossen.

Damit wird in dieser Woche ein weiteres Kapitel in einem immer wieder von Skandalen erschütterten Landesparlament geschrieben. Der SPD-Abgeordnete Günter Neugebauer ist seit 30 Jahren Mitglied des Landtags und erinnert sich an die Barschel-Engholm-Affäre, die gescheiterte Wiederwahl von Ministerpräsidentin Heide Simonis und seine ersten Parlamentsjahre. Damals, so Neugebauer, war „das Verhältnis von CDU und SPD von Hass geprägt“. GRE

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