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Die Frau mit den 5 Elefanten Deutschland/Schweiz 2009, R: Vadim Jendreyko

„Sie hat keinen falschen Respekt vor der Tradition. Aus Fjodor Dostojewskis in Deutschland längst eingebürgertem Titel ‚Schuld und Sühne‘ machte Swetlana Geier in ihrer Übersetzung ‚Verbrechen und Strafe‘. Das war der eine der fünf Elefanten des Filmtitels, der sichtbarste, aber nicht der größte. Vier weitere Hauptwerke Dostojewskis, von ‚Der Idiot‘ bis ‚Die Brüder Karamasow‘, hat sie im Lauf der vergangenen fünfzehn Jahre neu ins Deutsche gebracht. Sie wurde dafür von den Feuilletons gefeiert und vom Kulturbetrieb mit Preisen bedacht. Regisseur Vadim Jendreyko porträtiert in seiner Dokumentation Swetlana Geier als Übersetzerin, aber auch als Zeugin des 20. Jahrhunderts. So sieht man sie bei der Arbeit – und die ist Teamwork. Geier übersetzt mündlich. Sie diktiert ihren Text einer Sekretärin, die ihn abtippt und dabei auch nachfragt und korrigiert. Das Abgetippte nimmt sich dann ein Freund der Übersetzerin vor, dem sie so etwas wie das absolute Gehör für Fragen des Stils und der Grammatik bescheinigt. Er ringt mit ihr beinahe um jedes einzelne Wort. Diese Einblicke in die Werkstatt gewährt Swetlana Geier. Sie gehören zu den spannendsten Szenen des Films; man kann sich, wenn man da zusieht, sehr wohl einen Film vorstellen, der neunzig Minuten lang nichts anderes tut, als zuzuschauen, wie Geier Dostojewski vom Russischen, das ihre Muttersprache ist, ins Deutsche bringt, die Sprache, in der sie seit vielen Jahrzehnten nun schon lebt. Nicht weniger aber als das ganze, geradezu jahrhundertgesättigte Leben der Übersetzerin will Vadim Jendreyko präsentieren. In Stichworten, die noch weniger dramatisieren, als die selbst nicht gerade zur Sentimentalität neigende Swetlana Geier es tut: Sie ist im Jahr 1923 in Kiew geboren. Ihr Vater wird bei Stalins Säuberungen verhaftet, kommt als körperlich gebrochener Mann frei. Geier pflegt ihn noch ein halbes Jahr, bis er stirbt. Im von Deutschen besetzten Kiew sieht sie den Zug der zigtausenden Juden, die in die Schlucht von Babi Jar geführt werden, wo Wehrmacht und SS sie dann niedermetzeln. Auf Umwegen und mit viel Glück gelangt Geier, die die Sprache der Besatzer zu sprechen gelernt hat, nach Deutschland. Sie heiratet einen Deutschen, sie wird Mutter, Großmutter, Urgroßmutter, sie übersetzt und sie lehrt an deutschen Universitäten das Übersetzen. An die großen Dostojewski-Romane macht sie sich erst mit beinahe siebzig Jahren. Jendreykos Film folgt seiner Heldin überallhin. Sie macht auf Einladung einer Universität eine Reise in ihre Heimat, das erste Mal, seit sie sie vor mehr als sechzig Jahren verließ. Man schmälert die Leistung und das Leben Swetlana Geiers nicht, wenn man feststellt: Etwas mehr von der ihr ja sehr eigenen Trockenheit hätte dem Film nicht geschadet“, schrieb Ekkehard Knörer in der taz.

„Die Frau mit den 5 Elefanten“ wird Do, Sa, So & Di um 18.00 sowie Mo um 20.30 Uhr im City 46 gezeigt