: Elektro-Qualmen soll verboten werden
RAUCHEN Nichtraucher-Lobbyisten und Gesundheitsbehörden warnen vor den Risiken der E-Zigarette. Der Senat sagt, die Bezirke sollen sie verbieten. Die wissen vielfach noch gar nichts von dem Problem
Dem Laster frönen und gleichzeitig das Gewissen beruhigen: Ein solches Versprechen hielt bis vor Kurzem die E-Zigarette. Doch die angeblich risikoarme Alternative zum Glimmstängel ist offenbar schädlicher als angenommen – und ihr Verkauf eigentlich gar nicht erlaubt, meint die Senatsverwaltung für Gesundheit. Die Bezirke seien daher aufgefordert, den Vertrieb im Einzelhandel zu verbieten, sagt Regina Kneiding, Pressesprecherin von Gesundheitssenator Mario Czaja (CDU). Die Bezirke allerdings fühlen sich nicht zuständig.
Das Prinzip der E-Zigarette beruht auf einem Verdampfungsmechanismus, der automatisch oder durch Knopfdruck in Gang gesetzt wird. Zentraler Bestandteil des Produktes ist die zu verdampfende Aromaflüssigkeit, auch „Liquid“ genannt, die unter anderem aus Propylenglykol, Formaldehyd und wahlweise Nikotin besteht. Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung warnte kürzlich ausdrücklich vor dem Gebrauch der neumodischen Zigarette. Ein Bericht des Bundesinstituts für Risikobewertung unterstützt diese Sichtweise. Darauf verweist auch Kneiding: „Man sollte die Finger davon lassen. Nach Arzneimittelgesetz und Produktsicherheitsgesetz ist das Produkt außerdem nicht zugelassen. Ein Verkauf ist demzufolge nicht gestattet.“
Anfang dieser Woche zog das Bezirksamt Charlottenburg-Wilmersdorf nun erste Konsequenzen und untersagte einem Reisebüro, das mit dem Slogan „Rauchen ohne Risiko“ warb, den weiteren Verkauf der E-Zigarette. Johannes Spatz vom Forum Rauchfrei: „Wir sind natürlich erfreut, dass das Verbot endlich umgesetzt wurde. Allerdings sind die Statements des Senats wachsweich. Die Bezirke werden im Stich gelassen. In Nordrhein-Westfalen wird deutlich entschlossener gehandelt.“ Vor dem Gefahrenpotenzial einer solchen Zigarette wird laut Spatz einfach noch nicht genug gewarnt: „Verpackungen von E-Zigaretten geben keine standardisierte Auskunft über Inhaltsstoffe. Das Risiko ist nicht abschätzbar.“ In dasselbe Horn bläst Claudia Wein, Amtsleiterin des Gesundheitsamtes Lichtenberg: „Jeder Konsument unternimmt genau genommen einen unkalkulierbaren Selbstversuch.“
Die Bezirke allerdings wurden nach eigener Aussage von der Senatsverwaltung bislang weder informiert noch bekommen sie Unterstützung zur Durchsetzung des Verbots. Der leitende Pankower Amtsarzt Uwe Peters sagte, er wurde „vom Senat mit dem Thema definitiv noch nicht konfrontiert“. Ähnlich sieht das das Gesundheitsamt Lichtenberg: „Mit dem Senat stehen wir nicht in Kontakt. Wir haben lediglich interessiert zur Kenntnis genommen, dass auf Bundesebene gehandelt wird.“ Kneiding widerspricht: „Die Bezirke kennen ihre Aufgaben. Wir haben Warnungen rausgeschickt. Für die Überprüfung des Einzelhandels sind die Bezirke zuständig.“ Allerdings verweist sie auch auf die relative Aktualität des Themas und sieht, „dass sich momentan einiges bewegt, auch auf EU-Ebene.“
Für sorgenfreies Rauchen sind es so oder so schwere Zeiten. Auch für Johannes Spatz ist die E-Zigarette „nur ein kleines Strohfeuer“ und wird „innerhalb kürzester Zeit wieder vom Markt verschwinden“. SEBASTIAN SCHULDT