: Kopfanstoßer
WUTMUSIK Sich ohne aufgesetzten Pathos, verschwurbeltes Bedeutungsschwangergehen und Mitgrölparolen dem erdrückenden Ist-Zustand entgegenstemmen: Auf seinem Debüt „Republik der Heiserkeit“ hat das Leipziger Trio 206 beeindruckend viel richtig gemacht
VON ROBERT MATTHIES
Wer etwas aufgreifen will, muss es zuerst irgendwie begriffen haben. Egal, ob es sich um so genannte popkulturelle Phänomene, ein politisches Erbe oder das handelt, was Timm Völker die überall spürbare „Unzufriedenheit über den Ist-Zustand“ nennt. Dass es Sänger, Texter und Gitarrist Völker gemeinsam mit Bassist Leif Ziemann und Schlagzeuger Florian Funke als 206 ganz bewusst darum geht, möglichst nah an ihre Hörer heranzukommen, nur um ihnen noch nachdrücklicher vor den Kopf zu stoßen, und dass vor dieser bewussten Konfrontation ein ebenso durchdachter wie durchlittener Bewusstwerdungsprozess stattgefunden hat, hat das mittlerweile Leipziger Trio mit seinem Debüt „Republik der Heiserkeit“, das Anfang des letzten Jahres auf Alfred Hilsbergs ZickZack-Label erschienen ist, eindrucksvoll deutlich gemacht. Hier wird nicht um die schnell getwitterte Zustimmung gebuhlt, hier wird mit ernstem Ausdruck versucht, dem „Trend des Schlängelns“ wieder eine „echte Meinung“ entgegenzusetzen. Die Tür nach draußen weit aufschlagen, statt sich in Sofa-Gemütlichkeit und Champagner-im-Bett-Revolution zurückzuziehen.
Mit vor allem an Bauhaus und Joy Division, an Seattle-Grunge, aber eben auch an PJ Harvey und 60er-Garage geschulten, genau kalkulierten Mitteln – ein stoisch hämmernder Bass, ein präzises Schlagzeug, eine reduzierte Gitarre und ein heiser krächzender Gesang, von niemand Geringerem als Produzenten-Referenz Tobias Levin auf den Punkt gebracht – skizzieren 206 14-mal lakonische, wütende, bestürzte und bestürzende Momentaufnahmen, die sich ganz ohne aufgesetzten Pathos, verschwurbeltes Bedeutungsschwangergehen und Mitgrölparolen dem erdrückenden Ist-Zustand entgegenstemmen. Die daraus destillierte Energie teilen die drei am Mittwochabend im Hafenklang.
■ Mi, 11. 1., 21.30 Uhr, Hafenklang, Große Elbstraße 84