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Archiv-Artikel

„Der Ratzinger macht’s!“

Die deutschen Spitzenpolitiker aller Parteien sind nach Rom gereist, um der Beisetzung von Papst Johannes Paul II. beizuwohnen. Besonders im Präsidentenairbus ging es schon vorher hoch her

VON ALBERT HEFELE

Der Papst ist hinüber – gegangen in eine bessere Welt. Millionen gläubiger Menschen drängen sich, um Abschied von ihm zu nehmen. Und da dürfen die unseren – warum auch immer – nicht fehlen. Um ein Haar hätten sie in einem gemeinsamen Flug zur Niederlegung reisen müssen. Das hat ein gütiges Schicksal verhindert. Dank unserer tollen Kontakte zu Frau Merkel durfte unser Spezialkorrespondent in Sachen „Trauer und Beerdigung“ im Präsidentenairbus mitfliegen.

Herr Thierse (sich den Bart bedächtig zausend): Sagen Sie einmal, Frau Kollegin, irgendwie erscheinen Sie mir verändert.

Frau Merkel (ihm glubschäugig zustimmend): Gut jesehen, Kolleje! Ick habe mir – aus trajischen Anlass – die Haare etwas entblondiert. Trauersträhnchen sozusajen …

Herr Köhler (nicht minder großäugig): Vorbildlich, Frau Kollegin. Das ischt wohl getan.

Herr Stoiber (eine Reihe weiter hinten): Ääh, Kollegen, äähh, wie wäre es, ääh, mit einem kraftvollen „Lobet den Herrn“, äähh?

Herr Thierse (ohne Umstände die *Laudate zückend): Mmmmhhhh … Lolololoooooo.

*Liederbuch der Katholiken

Frau Merkel (roh abwinkend): Nee, lass mal jut sein. Vielleicht woll’n wa lieber ein Dankjebet anstimmen, dat uns der Flug mit den „K o l l e j e n“ von der Rejierung erspart jeblieben ist.

Herr Köhler (gutherzig): Aber warum denn, Frau Kollegin. Wir hätten doch aus gegäbenem Anlass durchaus eine gemeinsame – über die Parteigrenzen hinwegführende – Trauerfront bilden können …

Frau Merkel (ausgeschlafen): Dett würde den Herrschaften von der Rejierung so passen: dat janze Jahr Antichrist und nu: Lobet den Herrn. Nee, nee, soo nich!

Herr Stoiber (von hinten): Da, ähhh, muss ich der Kollegin, ähhh, vollinhaltlich zustimmen. Diese Art von, ääh, Frömmigkeit wirkt doch arg berechnend.

Herr Köhler (arg naiv): Sie meinen …?

Frau Merkel (eifrig speichelnd): Ich meine nich – ick weeß! Watt glauben Sie, wie viele Altäre der „K o l l e j e“ Fischer in seiner Terroristenphase jeschändet hat?

Herr Köhler (errötend): Gäschändät?

Ein Flugbegleiter mit großer Sonnenbrille und Vollbart tritt auf. Er schiebt einen Wagen mit Getränken.

Flugbegleiter (mit tiefer Stimme): Säfte! Tee! Weihwasser!

Frau Merkel (abgelenkt): Nee, lassense mal. Wir ham Wichtigeres zu reden.

Herr Thierse (ihr mit gereckter Laudate ins Wort fallend): Ich hab’s, ich bin so weit. Lololooo!

Frau Merkel (echt sauer): Wolfgang, nu gib mal Ruhe! Wir sind hier nich auf eim Vatertags-Ausflug!

Herr Stoiber (intim): Der Schröder und, äähh, die, äähh, wollen sich doch nur beim Heiligen Vater, äähh, einschmeicheln.

Herr Köhler (platt): Aber der Heilige Vater ischt doch …

Frau Merkel (ungeduldig): Nich der, der nächste!

Herr Köhler (großäugiger denn je): Aber wär ischt denn der nägschte Heilige Vater? Ich dachte, die Nääg’r wären diesmal dran …

Frau Merkel (heiser kichernd): Ehmt, ehmt. ’n Schwarzen kriejen se ooch.

Herr Stoiber (eingeweiht flüsternd): Aaber, ähh, nicht aus Afrika! Der Ratzinger Sepp macht’s!

Frau Merkel (händereibend): Einer von den unser’n. Was ditt für die roten Herrschaft’n heeßt, dett könnse sich ausrechnen: Feieraahmt!

Der Flugbegleiter (souverän zustimmend): Und ob und ob: Feierabend!

Frau Merkel (erstaunt): Sie sind immer noch da?

Herr Köhler (vorsichtig die Hände faltend): Sie meinen, der Herr Ratzinger ischt eher dem konservativen Lager zuzurechnen und …

Frau Merkel (begeistert Thierse die Laudate entreißend): Und ob! Dett könnse laut sajen! Beziehungsweise singen! Jetzt kann ett losjehen, Wolfgang! Drei, vier!

Opposition gemeinsam und kraftvoll intonierend.

„Loobett den Heeren!“

Auch der Flugbegleiter fällt begeistert in den Refrain mit ein. Dabei verrutscht ihm der Vollbart samt Sonnenbrille und eine allen gut bekannte Physiognomie wird sichtbar: Guido Westerwelle.

Alle: Guidooooo???? … Rrrrraussss!!!!

Das geht aber nicht so einfach in zehntausend Meter Höhe. Herr Dauer-, äh, Westerwelle darf also bleiben. Aber nur unter der Bedingung, dass er nächste Woche Monaco macht.