: Münchener S-Bahn hilft im Tunnel aus
ERSATZVERKEHR Im Nord-Süd-Fernbahntunnel fährt jetzt eine S-Bahn. Das weiß nur keiner, weil die Bahn schlecht informiert
■ S-Bahn: Auf der Ringbahn und auf der Nord-Süd-Strecke fährt nur noch alle zehn Minuten ein Zug – manchmal auch noch seltener. Völlig eingestellt ist der Verkehr auf der Stadtbahnstrecke zwischen Bahnhof Zoo und Ostbahnhof, ebenfalls zwischen Olympiastadion und Spandau, zwischen Adlershof und Schönefeld und zwischen Springpfuhl und Wartenberg. Es fahren Ersatzbusse.
■ U-Bahn: Alle Linien (außer U4) fahren tagsüber mit maximaler Zuglänge und im 5-Minuten-Takt.
■ Tram: Auf fast allen Linien werden die Straßenbahnen verlängert. Die M4 fährt ab kommendem Freitag im 4-Minuten-Takt.
■ Busse: Die BVG setzt die jeweils größtmöglichen Busse ein, bei Bedarf auch zusätzliche Fahrzeuge. Ab Südkreuz fahren Busse alle 20 Minuten nach Schönefeld.
Es herrscht gähnende Leere. Gerade mal sieben Fahrgäste hat es am Dienstagnachmittag in die neue S-Bahn verschlagen. Seit Montag verstärken vier S-Bahn-Züge aus Süddeutschland die hiesige Bahntochter. Alle 15 Minuten fährt eine Bahn, die kurzerhand S21 getauft wurde, zwischen Gesundbrunnen und Südkreuz durch den Nord-Süd-Fernbahntunnel der Stadt. Davon weiß allerdings kaum jemand was. Auch die sieben Glücklichen, die es sich in dem roten Zug breit machen, haben nur per Zufall von der neuen Ausweichstrecke erfahren.
Herbert Schröder stand am Südkreuz auf dem S-Bahnsteig und wollte nach Buch, als er durch eine Lautsprecheransage von der Neuerung erfuhr – und schnell zum Gleis für die Regionalzüge rannte. Von der Informationspolitik der S-Bahn hält der 30-Jährige nicht viel. Man könne die Mitarbeiter zwar fragen, „aber man schaut am besten immer selber, wie man weiter kommt“, sagt der Angestellte des Müllunternehmens Alba. Immerhin ist er froh, dass er gemütlich sitzen kann nach all den vollen Zügen in der letzten Zeit. „Das hätte der Bahn auch mal früher einfallen können“, findet er.
Alte Forderung
Vier Reservezüge – zwei aus München und zwei aus Stuttgart – hat die Bahn am Wochenende herbeischaffen lassen, als Ergänzung für die nächsten Wochen, erklärt ein Bahnsprecher. Damit hat das Unternehmen jetzt in der Not eine alte Forderung von VBB und Grünen erfüllt: eine direkte Verbindung zwischen Gesundbrunnen und Südkreuz, mit Stopps an Hauptbahnhof und Potsdamer Platz. Das scheiterte bislang daran, dass die Berliner S-Bahn nicht mit Oberleitungsstrom fährt – im Gegensatz zur Münchner und Stuttgarter.
Die Mitarbeiter und Kunden der S-Bahn sind auf das neue Angebot allerdings noch nicht eingestellt. Hinweisschilder, Durchsagen und DB-Service-Kräfte an den Bahnhöfen fehlen – vor allem auf an Potsdamer Platz und Gesundbrunnen werden die Kunden allein gelassen. „Da fehlt es kolossal an Informationen“, findet Hans-Werner Franz, der Geschäftsführer des Verkehrsverbundes Berlin-Brandenburg, der am Dienstag den Ersatzfahrplan der S-Bahn selbst testete. Die S-Bahn müsse das dringend verbessern, fordert er.
Der Meinung ist auch Regina Krzizowski. Die 63-jährige Rentnerin aus Tegel sitzt in einer gut gefüllten S25 Richtung Teltow und ist sauer: „Von den Ansagen habe ich nur die Hälfte verstanden.“ Seit über einer Stunde ist sie auf dem Weg nach Lichterfelde Süd. „Hätte ich gewusst, dass ich vier mal umsteigen muss, dann hätte ich mir eine andere Strecke ausgesucht“, sagt sie.
Auch am Hauptbahnhof ist es verdächtig leer. Neben drei Touristen auf dem Weg nach Prag sitzt auf Gleis 2 Claudia Buchloh mit ihrer Tochter. Die zukünftige BVG-Busfahrerin ist über Notfahrpläne und den Ersatzverkehr bestens informiert, liest viel S-Bahn-Zeitschriften. Aus reiner Neugier fahre sie jetzt mit der neuen S21 aus Süddeutschland zum Südkreuz und sagt: „Ich kann überhaupt nicht verstehen, warum sich die Leute so aufregen.“ Über das Internet und die Angebote der Bahn sei man doch mehr als ausreichend über den Ersatzverkehr informiert. ALEXANDRA GDANIETZ