: Fotografie in die Gesellschaft zoomen
Mit dem Haus der Photographie wird ein Medium fokussiert, dass in Deutschland nur am Rande wertgeschätzt wird. 12.000 Bilder hat der Fotograf, Unternehmer, Kurator und Stifter F.C. Gundlach schon zusammengetragen
Deutschland bekommt eine neue Adresse für die Fotografie. Am Rande des Hamburger Hafens öffnet am Donnerstag das „Haus der Photographie“ in der südlichen Deichtorhalle. Der riesige, lichtdurchflutete Bau soll die Wahrnehmung der Fotografie stärken und deren Wertschätzung erhöhen. Bis zu drei Ausstellungen werden gleichzeitig Platz haben. Hinzu kommt ein großes Begleitprogramm aus Diskussionsrunden und Symposien. Dies ist das erklärte Ziel des Sammlers Franz Christian (F.C.) Gundlach, der das fotografische Bild hier zu Lande für deutlich unterschätzt hält – und jetzt das größte eigenständige Zentrum seiner Art in Deutschland geschaffen hat.
Zwar gibt es in der Bundesrepublik mehrere große, auch international bedeutende Fotokollektionen, etwa im Museum Ludwig in Köln, im Folkwang Museum Essen, dem Münchner Stadtmuseum, dem Museum für Kunst und Gewerbe in Hamburg oder zukünftig im Museum für Fotografie in Berlin. Diese sind aber jeweils nur Teile großer Kunstsammlungen. In der ehemaligen Markthalle an der Elbe – direkt gegenüber der nördlichen Deichtorhalle, die sich nun vornehmlich der modernen bildenden Kunst widmen wird – steht künftig allein das fotografische Bild im Vordergrund.
„Die Chancen stehen sehr gut, dass dieses Haus über Hamburg und Deutschland hinaus Bedeutung erhält“, sagt Anna Gripp, Chefredakteurin der „PHOTONEWS“, einer der führenden Fotozeitschriften Deutschlands. „Das Potenzial dafür ist da.“ Mit Gundlachs Sammlung habe das Haus von Beginn an einen „irren“ Bestand. Nun gelte es aber, Sponsoren zu finden, um das für die vielen geplanten Projekte nötige Geld aufzubringen.
Rund 12.000 Bilder hat der Galerist, Fotograf, Unternehmer, Kurator, Hochschullehrer und Stifter Gundlach zusammengetragen, darunter viele Klassiker wie Helmut Newton, Robert Mapplethorpe, August Sander oder Edward Streichen, aber auch zeitgenössische Fotokünstler. Es ist eine der wichtigsten Fotokollektionen Europas, die Gundlach dem Haus zur Verfügung gestellt hat. Darüber hinaus gibt das Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ sein umfangreiches Bildarchiv als Dauerleihgabe. Die Stadt zahlte für die Renovierung der ehemaligen Markthalle rund 4 Millionen Euro, der Etat für beide Deichtorhallen hat sich jedoch nicht erhöht, der Zuschuss der Stadt liegt bei 1,3 Millionen Euro.
„Die Deutsche Fotografie war immer unterbewertet“, sagt Gundlach vor der Eröffnung. „Das will ich ändern.“
In seiner „Spielstätte für ein multimediales Programm“ sollen unter anderem Schüler lernen, Bilder richtig zu lesen und kritisch zu hinterfragen: Am Ende der analogen Fotografie sei bei vielen Bildern nicht mehr klar, was Realität und was Fiktion sei.
Gundlach erwartet, dass künftig mehr Kunst mit Digitalkameras entstehen wird – oder „Scannographien“, Bilder die nur mit einem Scanner aufgenommen werden. „Das kommt jetzt, aus der Generation, die mit dem Gameboy aufgewachsen ist.“ Thilo Resenhoeft