: Hunden droht Verordnung
Nach Beiß-Angriff auf kleines Mädchen flammt Diskussion um Verschärfung der Vorschriften auf. Zahl der Bisse durch „Kampfhunde“ stark zurückgegangen
Der Hundebiss ins Gesicht der sechsjährigen Loury hat die Debatte über eine Verschärfung der Haltungsvorschriften für Hunde schärfer werden lassen. Im Zentrum steht die Frage, ob Hunde künftig grundsätzlich an die Leine genommen werden müssen. Die Statistik der Hundebisse legt eine Verschärfung der Vorschriften nicht unbedingt nahe.
Seine Brisanz bezieht der Vorfall am Sonnabend (taz berichtete) daraus, dass es in den vergangenen zwei Wochen zwei weitere Angriffe auf Menschen gegeben hat. In Reaktion darauf hatte die Gesundheitsbehörde bereits am Freitag gehandelt: Den 38.000 Hundesteuerzahlern soll ein Merkblatt zugeschickt werden, in dem steht, wo und wann sie ihren Hund anzuleinen haben. Wolfgang Poggendorf vom Tierschutzverein vermutet allerdings, das 80 Prozent der Hunde nicht angemeldet sind.
Der Städtische Ordnungsdienst (SOD) soll in den kommenden Wochen fast ausschließlich Verstöße gegen die bestehende Anleinpflicht ahnden. Hunde dürfen derzeit nur auf Gehsteigen und speziell ausgewiesenen Flächen ohne Leine laufen. Außerdem will die Gesundheitsbehörde bis Ende des Monats ein Eckpunktepapier für die Novellierung der Hundeverordnung vorlegen.
Letzteres hat Gesundheitssenator Jörg Dräger (parteilos) gestern konkretisiert: „Wir prüfen eine Ausweitung des Leinenzwangs auf das ganze Stadtgebiet.“ In Umkehrung des bisherigen Prinzips sollen Hunde nur dann frei laufen dürfen, wenn Hund oder Halter bestimmte Kriterien erfüllen. Die Tierschutzorganisation „Vier Pfoten“ plädierte gestern dafür, einen Hundeführerschein zur Pflicht zu machen und dafür auf den Leinenzwang zu verzichten. Poggendorf würde einem generellen Leinenzwang zustimmen, sofern zusätzliche Freilaufflächen geschaffen werden.
Die Statistik der behördlich erfassten Hundebisse zeigt seit 1998 stark schwankende Zahlen, wobei in rund 60 Prozent der Fälle Hunde Opfer waren. 311 Bissen 1998 stehen 2000, im Jahr der neuen Hundeverordnung, 244 Bisse gegenüber. 2001 waren es 292, im Jahr darauf 564. In den beiden vergangenen Jahren sind die Zahlen geringer geworden. Die Zahl der Bisse durch Tiere der Kategorie „Kampfhund“ ist nach Einführung der Verordnung von 60 auf zuletzt 14 zurückgegangen. Gernot Knödler