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Archiv-Artikel

DAUMENKINOWindungsreich: „Salami Aleikum“

Die Multikulti-Komödie glaubt fest daran, dass Gegensätze sich anziehen. Deshalb bringt sie Menschen zusammen, die nicht zusammenpassen wollen: zum Beispiel deutsche und deutschtürkische Hamburger in Anno Sauls „Kebab Connection“ (2004) oder griechisch- und irischstämmige Amerikaner in Joel Zwicks „My Big Fat Greek Wedding“ (2002). In Ali Samadi Ahadis „Salami Aleikum“ sind es ein junger Exiliraner aus Köln und eine Automechanikerin aus Sachsen, die partout zum Paar werden müssen. Der eine ist Sohn eines Metzgers und lernt, wenn auch voller Widerwillen, dieses Handwerk, die andere ist Vegetarierin aus Überzeugung. Auch was Mut, Körpergestalt und Durchsetzungsfähigkeit anbelangt, unterscheiden sich die Hauptfiguren. Mohsen (Navid Akhavan) ist ein Hänfling, schüchtern und wegen seines übermächtigen Vaters neurotisch, Ana (Anna Böger) misst ungefähr zwei Meter, weil sie als Teenager zum Kugelstoßen ausgebildet wurde und dabei viele Anabolika verabreicht bekam. Ihre Eltern sind stumpfe Rassisten wie alle Einwohner der tristen Ortschaft Oberniederwalde. Mohsens Eltern wiederum fürchten den Osten Deutschlands sehr.

„Salami Aleikum“ gestaltet den Weg zum Happy End erwartungsgemäß windungsreich. Fast alle Figuren fliehen lieber in Lügengespinste, anstatt Konflikte auszutragen, was die Konflikte à la longue umso größer werden lässt. Ali Samadi Ahadi inszeniert dies recht vorhersehbar und brav, fremd ist ihm der brachiale, geschmacklose, entfesselte Humor, der US-amerikanische Komödien kennzeichnet (siehe Seite 15). Die Pointen bleiben lieber maßvoll, als jemandem richtig wehzutun. Sie speisen sich vor allem aus dem Vater-Sohn-Konflikt, den Lügengespinsten, dem sprachlichen Vermögen oder Unvermögen der Figuren und aus einer Herde rachitischer polnischer Schafe. Überraschender ist da schon, dass Mohsens Vater, bis heute treuer Anhänger des Schahs von Persien, und Anas Vater sich näher kommen, weil beide sich nur dann als stattliche Männer fühlen, wenn sie ihre 1979 beziehungsweise 1989 nutzlos gewordenen Uniformen tragen.

Animierte Sequenzen unterbrechen und kommentieren den Gang der Dinge, außerdem gibt es Tanz- und Gesangseinlagen, die entfernt an Bollywood-Filme erinnern. Die Einschübe eröffnen einen kurzen Blick auf die große weite Welt der Fantasie und Fabulierlust. Schade, dass der Film nicht mithält.

CRISTINA NORD

■ „Salami Aleikum“. Regie: Ali Samadi Ahadi. Mit Anna Böger, Navid Akhavan u. a. Deutschland 2008, 106 Min.