: Sportvereine ohne Führungszeugnis
Prävention Der Landessportbund ignoriert die Aufforderung des Sportsenators, sich stärker gegen sexuelle Gewalt zu engagieren. Einzelne Vereine sind weiter als ihr Dachverband
Bodo Schröder, Vorsitzender TV Eiche Horn
Noch immer nicht überzeugt von der Notwendigkeit, sich stärker gegen sexuellen Missbrauch zu engagieren, sind einige Funktionäre im Landessportbund (LSB). Zwar sagt der stellvertretende Geschäftsführer Helmut Helken auf Nachfrage der taz, der LSB „empfehle“ seinen rund 430 Mitgliedsvereinen, von Trainern ein umfangreiches polizeiliches Führungszeugnis zu verlangen. Aber ausgesprochen wurde diese Empfehlung gegenüber den Vereinen nie. Helken räumt ein, dass es kein entsprechendes Rundschreiben gibt. Er begründet dies damit, dass noch nicht alle Gremien im LSB zugestimmt hätten.
Dabei ist das Thema schon seit mindestens anderthalb Jahren regelmäßig auf der Tagesordnung. Seitdem drängt der Sportsenator den LSB, sich aktiv dem Problem zu stellen, dass der Sport Tätern viele Gelegenheiten bietet, Kindern und Jugendlichen sexualisierte Gewalt anzutun – wie in allen Institutionen, in denen sich Kinder in Abhängigkeitsverhältnissen zu Erwachsenen befinden. Dass viele Sportvereine dies leugnen, offenbarte ein taz-Bericht im März 2010, als ganz Deutschland über sexuellen Missbrauch in Internaten diskutierte – und die Vereine überwiegend der Ansicht waren, für sie sei das kein Thema.
Um Kinder besser zu schützen verlangt der Sportsenator deshalb zum einen ein sogenanntes erweitertes Führungszeugnis für alle haupt- und ehrenamtlichen Übungsleiter, in denen auch Verurteilungen zu geringen Strafen aufgelistet sind. Zum anderen sollen, erläutert Michael Wiatrek vom Sportsenator, alle Vereine für den Umgang mit dem Thema geschult werden.
Der LSB reagierte auf dieses Ansinnen im vergangenen Jahr mit einer Gegenforderung nach finanzieller Unterstützung. Die will der Sportsenator nicht verweigern. „Wir haben im Juni um ein Konzept gebeten und eine Kostenaufstellung“, sagt Wiatrek, „bisher haben wir die aber noch nicht bekommen“.
Einzelne Vereine haben sich trotz der zögerlichen Haltung ihres Dachverbands längst auf den Weg gemacht. So hatten 16 ÜbungsleiterInnen des Turnvereins Eiche Horn im vergangenen Jahr an einer vereinsinternen Fortbildung mit einem Berater von Pro Familia teilgenommen. Anfangs habe es zwar Berührungsängste mit dem Thema gegeben, sagt der Vereinsvorsitzende Bodo Schröder. „Das hat dann aber allen sehr gut getan.“
Bei Eiche Horn gibt es außerdem zwei AnsprechpartnerInnen – eine Frau und einen Mann – an die sich alle wenden können, denen etwas aufgefallen ist oder die selbst betroffen sind. Und der Verein hat extra eine Mitarbeiterin für Querschnittsthemen angestellt. Diese solle sich neben anderen Aufgaben auch darum kümmern, dass die Auseinandersetzung mit sexuellem Missbrauch im Verein weitergeht, sagt Schröder. Das Führungszeugnis hingegen ist auch in seinem Verein unbeliebt. „Wir haben das diskutiert, finden aber, dass es ein Ausdruck des Misstrauens gegen alle ist“, so Schröder. eib