Sudans dritter Bürgerkrieg

Nach dem Südsudan und dem westsudanesischen Darfur rebellieren jetzt auch die Beja im Osten des Landes. International wird das noch kaum zur Kenntnis genommen

ASMARA taz ■ „Wir fühlen uns im Stich gelassen“, sagt Austaz Feki Ali Mohammed. Der Aktivist des Beja-Volkes aus dem Osten Sudans führt in der Hauptstadt des Nachbarlandes Eritrea eine kleine Hilfsorganisation namens Shala. „Unsere humanitäre Katastrophe muss wohl erst außer Kontrolle geraten wie in Darfur, bis wir Hilfe bekommen.“

Eine Viertelmillion Menschen wohnen im Gebiet, das Sudans jüngste Rebellen kontrollieren – der „Beja Congress“, der im Osten Sudans für Autonomie streitet, nach dem Vorbild der Rebellen in Südsudan und dem westsudanesischen Darfur. Drei kleine internationale Hilfsorganisationen sind dort präsent. „Aber nur 90.000 Menschen bekommen Nahrungsmittelhilfe, dazu 30.000 Flüchtlinge in Eritrea. Beja im regierungskontrollierten Gebiet bekommen nichts“, erzählt Austaz Feki.

Viele sudanesische Rebellen und Oppositionelle haben Büros in Eritreas Hauptstadt Asmara – die Regierungen Eritreas und Sudans sind zerstritten. Die Beja im Ostsudan, überwiegend Muslime, sind Hirten in einer rauen Gegend, wo es in den letzten 10 Jahren nicht mehr richtig geregnet hat. „Es gibt zu wenig Nahrung, keine Medizin, Mangel an Wasser und Schulen. Die Kindersterblichkeit ist schrecklich hoch“, klagt Austaz Feki.

Für die Beja gibt es kaum internationales Interesse. Sudans Regierung lässt keine ausländischen Besucher in die Region. Denn hier verläuft die Lebensader der Regierung – die Ölpipeline von Sudans Ölfeldern im Zentrum des Landes in die Hafenstadt Port Sudan. Die Pipeline ist regelmäßig das Ziel von Beja-Rebellenangriffen. Die marginalisierte Region fordert einen Anteil am Öleinkommen und größeren politischen Einfluss.

Anfang dieses Jahres erhielten die Beja kurz internationale Aufmerksamkeit, als Regierungstruppen in Port Sudan auf eine friedliche Demonstration das Feuer eröffneten. Rund 30 Menschen kamen ums Leben. „Das hat dafür gesorgt, dass viele junge Männer sich dem Beja Congress anschlossen“, meint Ali Alsafi vom politischen Arm der Rebellen. „Damit können wir unseren Kampf verstärken.“

Bisher können die Rebellen mit ihren Kleinwaffen wenig ausrichten gegen die Luftangriffe der Regierungsarmee. Ali Alsafi zeigt Bilder vom Krieg in Ostsudan: „Hier ein Kind und hier eine Frau, verwundet durch einen Bombenangriff. Wir geben den Kampf nicht auf. Wir versuchen, unsere Angriffe mit den Darfur-Rebellen zu koordinieren, sodass die Armee an zwei Fronten kämpfen muss.“

Die Beja-Rebellen fordern nun Verhandlungen. „Wir wollen keine Unabhängigkeit“, betont Ali Alsafi. „Aber wir wollen eine Föderation. Nur so kann Sudan überleben.“ ILONA EVELEENS