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Archiv-Artikel

Potsdam verbietet Nazigruppe

Brandenburger Innenministerium verhängt das Vereinsverbot nach Razzia in mehr als 40 Räumen gegen „Kameradschaft Hauptvolk“ und Untergruppe „Sturm 27“

POTSDAM dpa/ap ■ Schlag gegen die Brandenburger Neonazi-Szene: Landesinnenminister Jörg Schönbohm (CDU) hat zwei gewaltbereite und antisemitische Kameradschaften mit insgesamt 60 Mitgliedern verboten. Die Gruppierung „Hauptvolk“ und deren Unterorganisation „Sturm 27“ richteten sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung, den Gedanken der Völkerverständigung und das Strafgesetz, erklärte er gestern in Potsdam. Dem Verbot waren am frühen Morgen Durchsuchungen in etwa 40 Wohnungen im Havelland westlich von Potsdam und in Sachsen-Anhalt vorausgegangen.

Die Chefin des Landesverfassungsschutzes, Winfriede Schreiber, wirft der Kameradschaft vor, die Wesensverwandtschaft und Nähe zum Nationalsozialismus angestrebt zu haben. „Die verfassungsfeindliche Betätigung der ‚Kameradschaft Hauptvolk‘ und ihrer Untergliederung waren für den Rechtsstaat nicht länger hinnehmbar“, so Schönbohm. In Schriften des „Hauptvolks“ schrieben die Autoren von „wir Nationalsozialisten“ und glorifizierten die SS. Nach Schreibers Angaben sind die Mitglieder des „Hauptvolks“ vor allem männlich, Mitte zwanzig und jünger.

Die Beamten hatten vor allem in Rathenow und Umgebung gelegene Objekte durchsucht, aber auch je eine Wohnung in Sachsen-Anhalt und Niedersachsen. Der Verbotsantrag wurde am 6. April erlassen. Die Gruppen waren vor vier Jahren aus dem Kern der Neonazi-Szene des Havellands rund um Rathenow hervorgegangen. Mit dem Namen „Sturm 27“ hatten sich die Rechten offenbar auf die während des NS-Regimes in der Region aktive SA-Gruppe „Brigade 27“ bezogen.

Bei den Razzien seien mehrere hundert rechte Musik-CDs gefunden worden. Auch Computer, Schreckschusswaffen, Reichskriegsflaggen, zahlreiche Schriften und ein Bajonett wurden sichergestellt. Anhand des Materials würden Straftatbestände geprüft. Festgenommen wurde zunächst niemand. Nach Schönbohms Angaben war die Gruppe für mehrere Angriffe auf linke Gruppen verantwortlich.

Im März waren in Berlin zwei rechte Gruppen mit je 10 bis 15 Mitgliedern verboten worden, 2004 eine in Bayern mit 40 Aktivisten. Bedeutend war das Verbot der „Skinheads Sächsische Schweiz“ 2001.